Eis statt Orakel
25. Dezember 2017
Wir wollen die Ausgrabungsstätte von Delphi besuchen, doch heute, am Weihnachtstag und morgen ist das Gelände geschlossen.
Uns bleibt ein Blick von ferne auf den Apollon-Tempel und das Theater.
Wir verzichten deshalb auf das Orakel und fahren stattdessen ans Meer.
In Andikyra setzen wir uns ans Ufer und geniessen bei Temperaturen über 20°C ein Eis.
Danach fahren wir ins Kloster Ossios Loukas. Auch diese Anlage ist ein Welterbe der UNESCO.
Leider verabschiedet sich die Sonne bereits. Doch für einen kurzen Besuch reicht es noch.
Wir bestaunen die karge Einrichtung einer Mönchszelle, die etwa 2 x 2½ Meter misst.
Von grosser Handwerkskunst zeugt das Gewölbe eines Ökonomiegebäudes.
Mit dem Bau von Bögen und Gewölben wurden das Gewicht des Daches auf die Pfeiler abgestützt, ohne dass Zugkräfte auftraten.
Wir beschliessen in der Nähe zu nächtigen und uns morgen das Kloster in aller Ruhe und bei Sonnenschein genauer anzusehen.
Kloster Ossios Loukas
26. Dezember 2017
Ein weiterer wunderschöner Tag erwartet uns.
Wir fahren zurück zum Kloster Ossios Loukas und bewundern diesen beeindruckenden Komplex.
Natursteine, Backsteine und rotbraune Fugen geben die Farben. Die behäbigen Gebäude werden mit hohen Rundbogenfenstern aufgelockert. Der orientalische Einfluss ist unverkennbar.
Der byzantinische Baustil gefällt uns.
Selbst die Rötelschwalben haben sich dem Baustil angepasst und spielen mit den Farben.
In der Kirche findet ein Gottesdienst statt, den wir nicht stören wollen. Doch die gregorianischen Gesänge des Priesters werden in die Krypta Santa Barbara übertragen.
Einige der Gebäude werden nicht mehr benutzt und dem Zerfall überlassen.
Andere wurden vor nicht all zu langer Zeit renoviert.
Etwas abseits steht die kleine „Kapelle der Verklärung“. Hier wurde die Glocke nicht in den Bau integriert, sondern in die mächtige Pinie nebenan gehängt. Glockenbaum statt Glockenturm, warum nicht?
Auf dem Weg zurück nach Delphi fällt uns in Distomo ein Wegweiser auf, der Klartext spricht:
Wir folgen dem Wegweiser und fahren zur Gedenkstätte auf dem Hügel.
Hier wurde am 10. Juni 1944 als Vergeltungsaktion für durch Partisanen getötete deutsche Soldaten ein ganzes Dorf ausgelöscht!
Auf der langen Marmortafel zählen wir 232 Namen. Unter den Opfern waren auch über 80-jährige Frauen und wenige Monate alte Säuglinge.
Im verschneiten Arahova herrscht ein „Riesenpuff“. Wir fahren im Schritttempo durch die enge Strasse. An beiden Rändern stehen die geparkten Autos dicht an dicht neben den Schneemaden.
Viele festlich gekleidete Menschen sind unterwegs. Eine endlose Kolonne Fahrzeuge inklusive zwei Reisebusse kommt uns entgegen … ein grandioses Chaos. Aber alle sind friedlich und geduldig. Niemand hupt oder fuchtelt herum. Für die knapp zwei Kilometer Strecke benötigen wir mehr als eine halbe Stunde.
Orakel von Delphi
27.Dezember 2017
Heute ist die Ausgrabungsstätte von Delphi wieder geöffnet und wir tauchen ein in die Antike. Ausserdem wollen wir die Gelegenheit nutzen, um uns die Zukunft vorhersagen zu lassen, sozusagen aus erster Hand. 😉
Das am besten erhaltene Gebäude ist das Schatzhaus der Athener. Die fehlenden Teile wurden, wie das Original, aus Marmor von der Insel Paros nachgebaut.
Gleich daneben steht noch heute der Felsen, von dem herab Sibylle, das allererste Medium, jeweils das Orakel verkündet haben soll.
Später sassen die weissagenden Frauen im Tempel des Apollon über einer Erdspalte, aus der Dämpfe aufstiegen. Da sie ausserdem vor den Prophezeiungen halluzinogene Stoffe konsumierten, war das berühmte „Orakel von Delphi“ eine unverständliche Rede. Diese wurde aber von den Priestern in klare Worte „übersetzt“.
Wir lauschen angestrengt und hören tatsächlich Worte in vielen verschiedenen Sprachen, aber leider können wir daraus keine Weissagung für uns ableiten.
Übrigens, Delphi liegt nicht irgendwo in Griechenland, Delphi ist der Nabel der Welt!
Göttervater Zeus liess von zwei Enden der Erde je einen Adler fliegen und diese trafen sich genau hier. Damit die Welt das niemals vergisst, wurde ein steinerner Nabel aufgestellt.
Das Original kann man heute im Museum besichtigen.
Sehr eindrücklich ist das riesige Theater. Es ist in den Berghang gebaut und gegen das Tal hin offen.
Anhand einer Säule und einer betonierten Verkehrstafel vergleichen wir die Bausubstanzen der Antike mit der Neuzeit.
Vom Tholos (4. Jh. v. Chr.) wurden nur drei Säulen und ein Stück des Architraves rekonstruiert. Doch auch so wird die Mächtigkeit des ehemaligen Prachtbaus spürbar. Sein Zweck ist bis heute unklar.
Unglaublich welch filigrane Muster in jener fernen Zeit aus dem harten Marmor gearbeitet wurden.
Das alles scheint die Katze, die sich auf den behauenen Steinen aufwärmt, überhaupt nicht zu interessieren. Zufrieden sitzt sie da und beobachtet die Welt.
Aus überlieferten Berichten des griechischen Reiseschriftstellers Pausanias (115 – 180 v. Chr.) mit detaillierten Beschreibungen wurde ein Modell konstruiert, das zeigt, wie das antike Delphi aussah.
Dann lassen wir uns von den vielen Figuren in die damalige Welt entführen.
Dazu die Sage:
Die Zwillinge Kleobis und Biton lebten ca. 580 v. Chr. in Argos. Sie waren bekannt für ihre Kraft, ihren edlen Geist und ihren Mut. Ihre Mutter wollte zum höchsten Fest der Göttin Hera reisen und ihr in ihrem Tempel Opfergaben darbringen. Doch als der Zeitpunkt der Abreise kam, waren die Ochsen, die ihren Wagen hätten ziehen sollen, auf einem weit entfernten Feld zum Pflügen eingesetzt. Ihre Verzweiflung war gross, denn sie schien den wichtigsten Feiertag zu verpassen. Kurzentschlossen spannten sich ihre beiden Zwillingssöhne selber vor den Karren und zogen ihn bis vor den Tempel. Dort lobte die Mutter ihre Söhne sehr und bat die Göttin diesen die höchste Ehre zu gewähren, die einem Menschen zu teil werden könne. Die Zwillinge legten sich erschöpft nieder und erwachten nicht mehr. Denn die höchste Ehre sei es, auf dem Höhepunkt des Lebens sterben zu können und als Helden verehrt und in Erinnerung zu bleiben!
Na ja!!
Wir sind tief beeindruckt von den Bauten und Skulpturen der Antike. Unglaublich, was die Menschen damals von Hand vollbracht haben.
Obwohl wir leider keine Weissagung für uns persönlich vernehmen konnten, beschliessen wir weiter Richtung Süden zu reisen.
Auf dem Weg Richtung Peloponnes lässt uns ein Kriegerdenkmal bei Levadia stoppen. Eindrücklich sind die gefallenen Soldaten durch Lücken in der Wand dargestellt.
Kurz vor Psatha hätten wir beinahe eine kleine Wildsau angefahren, die aus dem Dickicht direkt vor dem WoMo über die Strasse rennt. Schwein gehabt!
Im Dorf, wo wir übernachten wollten, stehen dem Meer entlang viele Camping-Verbote. Die Strasse nach Alepochori ist eigentlich wegen Steinschlag gesperrt. Doch Einheimische umkurven die Sperre und wir tun es ihnen gleich.
In Alepochori parken wir am Strassenrand direkt am Meer, es ist bereits dunkel.
Über den Kanal von Korinth
28. Dezember 2017
Wir queren den Kanal von Korinth und fahren auf den Peloponnes.
Die Landenge (Isthmos) von Korinth war die nur 6 km breite Verbindung zwischen dem griechischen Festland und dem Peloponnes. Bereits vor 2600 Jahren schmiedete Periander von Korinth Pläne zu einer direkten Verbindung zwischen der Ägäis und dem Ionischen Meer. Damit hätte der 325 km lange Umweg um den Peloponnes und vor allem die wegen ihren schwierigen Gewässern berüchtigte Landzunge von Kap Malea vermieden werden können. Auch Julius Cäser, Caligula oder Kaiser Augustus spielten mit dieser Idee. Unter dem römischen Kaiser Nero begannen die ersten konkreten Arbeiten. Diese wurden aber bald wieder eingestellt.
1687 wagten sich die Venezianer als mächtige Seefahrer und Händler wieder an das Mammutprojekt. Wiederum vergeblich.
Der Durchstich erfolgte erst 1893 nach zwölfjähriger Bauzeit.
Der Kanal ist 6343 Meter lang und 87 Meter tief. Davon liegen 8 Meter unter Wasser. Auf Wasserhöhe beträgt die Breite nur 23m.
Die Durchfahrt des Kanals von Korinth hat in der Neuzeit an Bedeutung verloren. Für grosse Schiffe ist die Wassertiefe nicht ausreichend. Ausserdem wird das Kap Malea in grösserer Distanz umfahren und der längere Weg fällt heutzutage kaum mehr ins Gewicht.
Kurz nach dem Kanal fahren wir nach Akrokorinth hoch und übernachten vor den Toren der Festung mit Blick auf Xilokastro und den Golf von Korinth.