Padula
20. bis 22. Januar 2015
Gestern Abend haben wir unser Wohnmobil auf den Stellplatz eines „Agriturismo“ gestellt.
Wir campieren in der Ebene unterhalb des Dorfes Padula, das den ganzen Hügel überzieht.
Das Wetter ist sehr wechselhaft und meistens bläst ein unangenehm kalter Wind. Der Bauer Francesco ist sehr freundlich und hilfsbereit, und das WiFi auf dem gedeckten Sitzplatz beim Haus funktioniert. Gründe genug, dass wir nicht nur eine, sondern schlussendlich vier Nächte hier bleiben.
Bei einem Spaziergang ins Dorf hinauf bewundern wir die Kunstwerke ortsansässiger Künstler.
Eine Umsetzung des alten Themas: Maria und Josef mit dem kleinen Jesuskind. Finden wir originell und ausserordentlich gelungen.
Doch wir bewundern nicht nur die bildende Kunst, sondern auch die Auto-Parkier-Kunst eines Bewohners (Annette meint dazu: es könnte sehr wohl auch eine Bewohnerin sein), der (die) sein (ihr) Vehikel in einer der schmalen Gassen abstellte. Der Fiat ist nicht nur auf Hochglanz poliert, sondern weist auch verhältnismässig wenige Kratzspuren auf.
Auto kaputt !!!
23. Januar 2015
Heute Freitag wollen wir bei regnerischem und kaltem Wetter ein grosses Stück näher an Sizilien heranrücken, das in unserer Fantasie immerschön und immerwarm sein wird.
Doch Freude und Frust müssen irgendwie verwandt sein.
Keine 60 Kilometer weiter leuchtet plötzlich die Warnlampe: „Motor kontrollieren lassen“ auf. Unser WoMo hat kaum mehr Kraft und quält sich schon die kleinsten Steigungen hoch.
Darum – rasch weg von der Schnellstrasse, die hier über hohe Brücken dem Berg entlang führt. Wir sind in Praia a Mare gelandet, klärt uns das Navi auf.
Da sich unser Fahrzeug noch in der Garantiezeit befindet, rufen wir bei Peugeot an. Die organisieren einen Abschleppwagen, der kurz darauf vorfährt. Der Fahrer ist froh, dass wir, wenn auch langsam, noch selber fahren können. Unser Auto scheint ihm zu gross und zu schwer, für seinen kleinen, neuen Tieflader. Er lotst uns zu der offiziellen Peugeotgarage, die zum Glück ganz in der Nähe liegt.
Die Analyse ergibt, dass irgendein Rohr, das zum oder vom Partikelfilter führt, defekt ist. Leider müsse das Ersatzteil aus Frankreich angeliefert werden, was rund eine Woche dauere, erklärte uns der freundliche Garagenchef Antonello.
Die Seniorchefin diktiert uns zum Trost eine ganze Liste von Sehenswürdigkeiten in der Region, die wir uns unbedingt ansehen müssten.
Signor Antonello empfiehlt uns ein Hotel und überlässt uns einen Ersatz-PW. Da es sich um einen Garantiefall handle, werde Peugeot das alles bezahlen. Annettes Anfrage bei Peugeot Deutschland bestätigt dies. Zudem würden uns die Rückflüge und die Rückführung unseres Wohnmobils in die Schweiz bezahlt.
Sehr grosszügig, finden wir, aber wir wollen nach Sizilien und nicht zurück in die Schweiz.
Nutze die Zeit, die dir aufgezwungen wird
24. Januar 2015
Heute morgen bleibt von der gestrigen Grosszügigkeit von Peugeot nicht mehr viel übrig. Sie würden wahlweise ein Hotel für höchstens drei Tage bezahlen oder ein Ersatzfahrzeug für vier Tage. Nach längerer Diskussion ringt ihnen Annette die Zusage ab, dass sie die Kosten des Ersatzwagens für die gesamte Reparaturzeit übernehmen werden.
Zum Glück haben wir den eti-Schutzbrief vom TCS. Dank diesem werden unsere Hotelkosten für die Zeit der Reparatur bis zu einem Höchstbetrag von CHF. 1’000.– übernommen. Die Hoteliersfamilie di Marco erhält die Kostengutschrift vom TCS keine halbe Stunde später per Fax. Das nennen wir Kundenfreundlichkeit!
Wir bleiben deshalb hier im „New Hotel Blu Eden“, wo wir als einzige Gäste sehr zuvorkommend betreut werden.
Da die Sonne durch die Wolken scheint und um unseren Frust über den unfreiwilligen Aufenthalt etwas zu mindern, machen wir uns auf, die Gegend zu erkunden.
Zuerst geht es nach Maratea.
Über mehrere Serpentinen, die auf Brückenpfeilern stehen und kühn ins Tal hinausragen, nähern wir uns dem Ziel, der über 20 Meter hohe Jesusstatue, die zuoberst auf dem Berg allen Wettern trotzt.
Die Menschen hier oben sind weggezogen. Ihnen war wohl die windexponierte Lage zu ungemütlich.
Nachdem wir diese schlichte und durch ihre Höhe und Lage imposante Statue gewürdigt haben, fahren wir wieder hinunter ans Meer und weiter nach Sapri.
Wir staunen über einen sitzenden Mann aus Drahtgeflecht. Ein Passant, der unser Interesse sieht, eilt herbei und zeigt uns, wo wir uns hinstellen müssen, um ein Foto zu schiessen. Nur von dieser Stelle aus sei die Aussage des Künstlers Edoardo Tresoldi (*1987) ersichtlich. Und tatsächlich, erst aus dieser Perspektive erhalten die vier kleineren Figuren, die an den Masten vor dem Gebäude hängen, einen Sinn.
Diese Figuren symbolisieren die Gedanken. Eine von ihnen springt über die Rücken von zwei anderen dem „Denker“, der auf einem Flachdach sitzt, in den Kopf.
Auf Youtube haben wir einen kleinen Film über den Künstler und seine Figuren gefunden.
Von einem Strassencafé aus bewundern wir den spektakulären Sonnenuntergang von Sapri.
Strandspaziergang
25. Januar 2015
Bei kühlen Temperaturen und bedecktem Himmel spazieren wir vom Hotel, das oberhalb von Praia a Mare liegt, hinunter an den Strand. Wir bewundern die vielen verschiedenfarbigen, glattgeschliffenen Steine. An einer Stelle sind zwei Reihen Palmen in den Sandstrand gepflanzt. Beat interessiert sich wieder einmal nur für die Details dieser Pflanzen. Hier das Resultat:
Besuch des Santuario
26. Januar 2015
Oberhalb von Praia a Mare steht die Wallfahrtskapelle, dicht an den Felsen gedrängt.
Wir nehmen den Aufstieg über die viele Steintreppen auf uns und staunen:
Der Kirchenraum befindet sich nicht, wie wir erwartet haben, in dem Gebäude, sondern daneben in einer Höhle.
Ausgrabungen zeigten, dass diese Höhle bereits 12’000 vor Christus bewohnt war. Es gab im hinteren Teil Wasser und die grosse Grotte ist trotzdem trocken, ideal also für die damaligen Höhlenbewohner.
Ein spezieller Ort hat immer auch eine spezielle Geschichte:
Hier die Legende dazu:
Die „Madonna mit Kind“ war an Bord eines Schiffes. Die türkische Besatzung stand unter dem Befehl eines frommen christlichen Kapitäns. Nachdem das Schiff in der Bucht vor Praia a Mare geankert hatte, kam es aufgrund ungünstiger Strömungen nicht mehr weg. Die muselmannische Mannschaft wollte den Kapitän zwingen die Marienstatue über Bord zu werfen, da sie diese für die Widrigkeiten verantwortlich machten. Der Kapitän rettete die Statue, indem er sie in der Höhle auf einen Felsen stellte. Einige Tage später betrat ein taubstummer Hirtenjunge die Grotte. Er sah die Madonna und ein Wunder geschah: Der Knabe konnte plötzlich sprechen.
Der Priester brachte die Statue in eine nahegelegene Kapelle, doch am folgenden Tag stand sie wieder in der Höhle. Da sich das mehrmals wiederholte, wurde in der Grotte ein Altar errichtet.
Im 2. Weltkrieg suchte die Bevölkerung im Santuario Schutz vor den Bomben.
Ausflug zum Passo Lo Scalone
27. Januar 2014
Heute scheint zur Abwechslung mal wieder die Sonne. Wir ignorieren den kalten Wind und fahren auf den Passo Lo Scalone.
Unterwegs lernen wir eine andere Seite Kalabriens kennen: die Berge, die zu dieser Jahreszeit sogar einen Hauch von Schnee tragen.
Kurz vor dem Pass parkieren wir am Strassenrand und wandern zum Lago La Penna. Wir geniessen die Ausblicke gegen das Meer und in die Berge. Nach einer knappen Stunde erreichen wir den schöngelegenen Waldsee. Im Sommer scheint er ein Ausflugsziel und Picknickort der Einheimischen zu sein, wie wir dem herumliegenden Müll entnehmen.
Auf dem Rückweg treffen wir sogar auf Frühlingsboten, die dem eisigen Wind trotzen. Ein Bild davon sparen wir für das Ende dieses Berichtes auf. (Spannend, nicht wahr? 😉 )
Auf der Rückfahrt ins Hotel besuchen wir Belvedere Marittimo. Das „sehenswerte“ Städtchen enttäuscht uns. Es wirkt vergammelt und ohne Zukunft.
Wir bemühen uns etwas gegen den wirtschaftlichen Untergang des Ortes zu tun und setzen uns in die Bar „La Cipolla“ (die Zwiebel) am Hauptplatz. Wir wollen uns mit leckeren heissen Schokoladen, die hier in Italien dickflüssig serviert werden, verwöhnen.
Die „due cioccolate calde“ bereiten dem Betreiber sichtbar Mühe. Nach langer Zeit bringt er zwei sehr heisse, sehr bittere Gebräue. In der Flüssigkeit schwimmen etwelche Schokopulverklumpen, die sich beim besten Willen nicht auflösen lassen.
„La Cipolla“ wurde ihrem Namen gerecht: das Getränk war zum Heulen.
Beim Bezahlen fragt der Wirt erwartungsfroh, ob uns die Schokoladen geschmeckt hätten. Auf unsere Kritik reagiert er verärgert und wiederholt gebetsmühlenartig, dass er sie selber und genau nach Rezept zubereitet hätte.
Link zur Wanderung an den Lago la Penna:
Wanderhirten
28. / 29. Januar 2015
Nach dem Dauerregen von gestern fahren wir heute nochmals ins Hinterland Kalabriens.
Bei San Primo sehen wir einen Orangenverkäufer am Strassenrand. Eigentlich verkauft er seine Orangen nur harassenweise. Sein Freund preist die lange Haltbarkeit der Früchte an. Eine Degustation der ausserordentlich grossen, aromatischen und süssen Früchte überzeugt uns vollends. Der Händler ist bereit für uns eine Ausnahme zu machen und uns eine halbe Kiste zu verkaufen. Er hört kaum mehr auf Orangen in einen grossen Plastiktüte zu packen. Es sind geschätzt sechs bis sieben Kilogramm Früchte und wir bezahlen dafür € 5.–.
In der Nähe von Castelluccio Inferiore treffen wir auf Wanderhirten. Der alte Hirte ist mit seinem Sohn, einem Packpferd, 10 Hunden und ca. 100 Schafen und Ziegen unterwegs. Die Tiere ziehen weidend einer Strassenböschung entlang. Besonders stolz ist er auf die beiden grossen Ziegenböcke. Er fordert Beat mehrmals auf, diese zu fotografieren.
Die Hunde sorgen dafür, dass die Tiere weder unten in das Getreidefeld, noch oben auf die Strasse laufen.
Bevor wir weiterfahren, schenken wir den zwei Hirten etwas von unserer Orangen-Schwemme.
Stubenhockerwetter
30. / 31. Januar 2015
Diese zwei Tage Dauerregen können uns nicht verdriessen. Das Zimmer ist geheizt und wir verbringen die Zeit mit Schreiben am PC oder Lesen am E-Reader.
Zum Schluss, für alle Wintermüden, hier noch den versprochenen Frühlingsboten vom Passo Lo Scalone: