17. – 24. Oktober 2016
Karte zu unserer Reise durch Spanien
Plattgewalzt?
17. Oktober 2016
Schon wenige Kilometer nach Andorra öffnet sich die Landschaft. Die steilen Berghänge weichen riesigen Ackerflächen.
Um den Übergang von den schroffen Bergen Andorras zu den weiten Ebenen Spaniens etwas zu mildern, beginnen wir diesen Blogteil mit dem Bild von Foradada, einem Dorf, das sich an einen der wenigen Felsen schmiegt, die es hier noch gibt.
In Balaguer finden wir einen ruhigen Parkplatz bei einem riesigen Kieswerk. Der Weg dazu führt um einen Kreisel auf dem eine Walze auf Betonröhren steht, was wiederum das Bild vermittelt, dass nun die Röhren die Walzen der Walze seien.
Alles klar? … oder haben wir mit den vielen Worten alles weggewalzt?
Wir jedenfalls finden dieses Kunstwerk gewalzig!
Abends, im Bett, überlegen wir, ob hier früher ebenfalls Berge standen und diese einfach plattgewalzt wurden?
Riesige Pfirsichplantagen
18. Oktober 2016
Kurz nach Lleida steht ein einsames Gebirge trotzig in der Ebene.
Wir fahren durch ein fruchtbares Gebiet. Riesige Pfirsichplantagen lösen die abgeernteten Getreidefelder ab.
Die Bäumchen stehen entweder einzeln oder als Spalier in langen Reihen.
Hinter der Ermida Santa Bárbara entdecken wir einen schönen Übernachtungsplatz unter Pinien. Diese duften sehr stark und wohltuend. Das wird wohl der aromatischste Ort, an dem wir je geschlafen haben.
Der Platz liegt etwas entfernt von der Strasse und ist sehr ruhig. Zudem geniessen wir von hier den Blick auf das nahe Dorf Valdealgorfa und Picknicktische stehen ebenfalls da.
Eigentlich ein idealer Übernachtungsplatz … aber …
Etwas lässt uns zögern!
Überall liegen angeschwärzte Alufolienstücke herum. Der Platz scheint von heroinsüchtigen „Folienraucher“ aufgesucht zu werden.
Wir bleiben trotzdem, da wir die Süchtigen nicht als Gefahr einstufen. Den Fahrersitz drehen wir aber vorsichtshalber nicht zum Tisch, damit wir jederzeit wegfahren können.
Mitten in der Nacht wacht Annette auf.
Schlaftrunken blickt sie durch das Heckfenster und bemerkt in einiger Entfernung den Schein einer Taschenlampe und das Glühen einer Zigarette.
Nun ist sie hellwach! Sie blinzelt und reibt sich die Augen.
Wieder sieht sie leuchtende weisse und rote Punkte, die sich bewegen!
Sie schaut genauer hin und erkennt … die Lichter von Autos, die auf der weit entfernten Strasse verkehren.
Uff! … kein Grund zur Sorge.
Herbstfarben in Spanien
19. Oktober 2016
Nun wird die Gegend wieder etwas karger und Olivenhaine prägen das Bild.
In Gargallo kaufen wir in einem Tante-Emma-Laden ein.
Die Fassade des Geschäftes besteht aus behauenen Natursteinen. Auf einigen der Sedimente sieht man dekorative schwarze Kräuter. Ob das versteinerte Pflanzen sind?
Ein paar Kilometer weiter sind sie plötzlich da … die Herbstfarben!
Lange sind wir durch braune Landschaften gefahren, haben graue Hügel und graubraune Natursteinhäuser und graugrüne Bäume gesehen.
Aber jetzt, von der Brücke über den Río Ancho, schauen wir auf ein helles Band hinunter.
Die Laubbäume, die dem Wasserlauf folgen, strahlen in freundlichem Gelb.
Auch die Dunkelgrün-grau-braun-rot-Töne gefallen uns, aber das knallige Gelb ist fröhlicher und erfreut das Herz.
Im Gegensatz dazu wirken die Dörfer, wie zum Beispiel Montalbán, das sich zwischen den Hügeln zu verstecken scheint, eher trist.
Wunderschön stehen die Pappeln kurz hinter Montalbán. Einige sind noch grün, während ihre Kollegen dahinter bereits neongelb leuchten.
Diese Idylle wird zusätzlich gesteigert, als ein Schäfer mit seiner Herde ruhig durch das Bild zieht.
Unmittelbar vor diesem Pappelhain grüssen, aus einem mehr schlecht als recht gepflegten Garten, einige Safranblüten.
Wir haben diese Pflanzen, aus denen das „gelbe Gold“ gewonnen wird, bisher lediglich auf Bildern bestaunen können.
Safranfäden aus Spanien werden zur Zeit für 20 Euro pro Gramm verkauft, was einem Kilopreis von € 20’000.– entspricht!
Nach all den bunten Eindrücken des Tages sind wir beinahe froh, einen Übernachtungsplatz zu finden, an dem wir nicht auch noch „reizüberflutet“ werden. 😉
Hinter Morenilla, im Niemandsland der la Mancha, fehlt eigentlich nur noch Don Quijote auf Rosinante.
Naturpark Alto Tajo
20. Oktober 2016
In Molina de Aragón kaufen wir ein und erhalten vom aufmerksamen Kassierer auch gleich eine Karte mit den historischen Gebäuden des Ortes.
Übrigens: Mit dem im Dezember 1963 gemessenen historischen Rekordwert von −28°C gilt Molina de Aragón als der kälteste Ort Spaniens (gemäss Wikipedia)!
Kurz hinter dem Städtchen entdecken wir einen grossen Vogel am Himmel. Und dann noch einen und noch einen….schlussendlich zählen wir etwa 20 Gänsegeier. Doch scheinen die Vögel eine dringende Verabredung zu haben oder sind nicht daran interessiert fotografiert zu werden. Beat kletterte noch auf den nahen Hügel, wo sich einige kurz niedergelassen haben, aber als er oben ankommt, ist er der Pech- und damit der einzige Vogel weit und breit.
Da soviel Aufwand für „kein“ Bild sinnlos ist, hier der Blick zurück auf die geierlose Landschaft.
Bei der Brücke über den Poveda lesen wir auf einer Infotafel, dass wir uns nun im Naturpark Alto Tajo befinden.
In 5 km Entfernung soll es eine Bar geben.
Obwohl wir uns nur minime Chancen ausrechnen dort in dieser Jahreszeit jemanden anzutreffen, fahren wir auf der Schotterstrasse ins Tal hinein.
Bei der Bar wird fleissig gearbeitet, Brennholz herangekarrt und Dachziegel festbetoniert.
Und – „claro“ – wir bekommen etwas zu trinken.
Gestärkt erkunden wir auf einem kleinen Spaziergang die Gegend.
Hier ist der Herbst allgegenwärtig.
Auf der Fahrt zurück zur Brücke von Poveda sehen wir vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr. Aber was solls, Baumstämme sind auch attraktiv. 😉
Vor Peñalén fallen uns runde weisse Felsen auf.
Beim genaueren Betrachten sehen wir, dass diese mit bräunlichen und lila Streifen und Flächen durchsetzt sind.
Kurz vor Alcorón weist uns eine Tafel zum Picknickplatz „Sima de Alcorón“. Auf dem Navi ist dort zudem eine „Attraktion“ angegeben. Was mag das wohl sein?
Wir fahren hin, sehen zwar keine „Attraktion“, aber der Platz ist hübsch und wir beschliessen hier zu bleiben. Es ist noch früher Nachmittag, aber morgen wollen wir beizeiten losfahren, um die Region um Madrid hinter uns zu bringen.
Nach dem Apéro unter Kiefern geht Annette los, um die Gegend zu erkunden. Dabei entdeckt sie eine betonierte Treppe, die in den Untergrund führt.
Die Sima de Alcorón ist eine Karsthöhle, nicht beleuchtet, aber gut zugänglich und an den steilen Stellen gibt es sogar Stufen und Sicherungsseile.
Da ist sie nun, die Sehenswürdigkeit, die wir vemissten! Später erfahren wir, dass „Sima“ Erdloch bedeutet.
Wir holen unsere Taschenlampen und wagen uns in die Unterwelt.
Zuunterst liegt ein kleiner See, der von hoch oben mit Wasser gespeist wird. Im Laufe der Jahrhunderte hat sich hier ein wunderschöner Sinterüberzug gebildet.
Der undichte Stausee
21. Oktober 2016
Obwohl wir heute eine längere Strecke fahren wollen, lassen wir uns eine Rundfahrt um den Stausee von Entrepeñas nicht entgehen.
Auf dieser Tour entdecken wir ein hohe Stützmauer aus Natursteinen, in die grosse Amphoren eingelassen sind.
Auf einer Tafel am Viaducto de Entrepeñas lesen wir, dass dieses Stauwerk viel zu optimistisch dimensioniert wurde.
Der Stausee war lediglich in den 60er Jahren zweimal voll, seitdem nimmt der Wasserstand kontinuierlich ab, da viel Wasser im Untergrund versickert und es weniger Niederschläge gibt als erhofft.
Nicht nur das Überdimensionierte, Pompöse, von Menschenhand Konstruierte fasziniert uns, nein, auch die kleinen, auf den ersten Blick unscheinbaren, Dinge der Natur ziehen unsere Aufmerksamkeit auf sich.
In Guadaljara entpuppt sich ein auf dem Navi angezeigtes Einkaufscenter als Aufbahrungshalle eines Krankenhauses mit „Einkaufsmöglichkeit“, wahrscheinlich Blumenkränze, Trauerkarten und Kerzen.
Im zweiten Versuch finden wir einen „Corte Inglés“. Hier kann man Handtaschen, Schmuck, Kleider, Parfüm, Schuhe usw. erwerben.
Wir hätten aber lieber Brot, Sahne und Karotten gekauft.
Erst nach längerem Suchen entdeckt Annette die kleine Lebensmittelabteilung ganz hinten.
Heute sind wir weit gefahren und nun sehr müde.
Auf dem Pass Alto del León stellen wir uns in den Wald. Der Nebel in der Dämmerung gibt dem Ort etwas Mystisches.
Für einen einheimischen Wohnmobilisten scheinen wir aber eher ungeheuerlich. Er hat das Fahrzeug bereits für die Nacht vorbereitet und alle Fenster dicht gemacht.
Doch als wir in der Nähe parken, ergreift er die Flucht und fährt weg.
So bleiben wir alleine zurück. Uns solls Recht sein.
Harzgewinnung
22. Oktober 2016
Kurz nach Blascosancho wecken viele kleine Eimer, die an den Kiefernstämmen hängen, unsere Neugier.
Die Rinde über den Gefässen ist abgeschält und Metallkeile leiten Harz in die Behälter.
Natürliches Harz wird heute noch in der Elektronik zum Löten, als Bogenharz bei Streichinstrumenten oder als aromatisches Räucherwerk verwendet.
Wir sind jetzt schon tausende von Kilometern mit unserem NOBIS durch Europa gekurvt und haben nie den Horizont erreicht.
Der Blick von einer Strassenbrücke über die Eisenbahn bei San Pedro del Aroyo lässt uns vermuten, dass dies nur mit dem Zug möglich ist.
Am Nachmittag fahren wir in Ciudad Rodrigo auf den Campingplatz. Wir wollen wieder einmal Wäsche waschen und einen Blogbeitrag veröffentlichen.
Riesenkotelett zum Geburtstag
23. Oktober 2016
Die Waschküche hat ein undichtes Dach. Annette trocknet den Boden und spannt die Wäscheleine drinnen auf, da sie dem Wetter nicht traut. Zeitweise regnet es dann tatsächlich ziemlich heftig. Aber bis zum Abend sind die meisten Wäschestücke trocken.
Zudem ist der Blogteil „Der weite Weg über die Grenze“ online.
Das, aber vor allem Beats Geburtstag muss gefeiert werden.
Wir spazieren in den alten Teil des Städtchens Ciudad Rodrigo um dort im „La Paloma“ zu essen. Das Restaurant wurde uns von der Rezeptionistin des Campingplatzes empfohlen: vor allem die Fleischgerichte seien vorzüglich.
Und wirklich, das Chuleton (Rindskotelett) für Beat hat die Grösse XXXL. Das schmackhaft gewürzte, genau nach Wunsch durchgebratene Ding überragt den grossen Teller, auf dem es serviert wird. Beat isst so gut und gerne 500 Gramm Fleisch, den Knochen und das Fett nicht eingerechnet.
Stolz erklärte uns die Kellnerin, dass das Kotelett von einem Rind der Rasse: Avileña-Negra ibérica stamme, einer in Spanien heimischen, schwarzen Rinderrasse.
Auch Annettes Lammkoteletts sind ausserordentlich lecker, wenn auch von viel kleinerem Kaliber.
Von Schweinen und einem Archaeopteryx
24. Oktober 2016
In letzter Zeit sind uns viele lichte Eichenwälder aufgefallen. Zuerst verwechselten wir diese mit Olivenbäumen. Aus der Ferne betrachtet sind bei beiden die Blätter eher klein und graugrün.
Wozu dienen die? Die Zeiten als Eicheln als Kaffee-Ersatz verwendet wurden, sind doch unseres Wissens schon einige Jahre vorbei!
Plötzlich sehen wir die Antwort auf unsere Frage:
Schweine!!!
Hier ein Portrait:
Internet sei Dank erfahren wir später, dass in den Eichenhainen Spaniens die halbwilden, schwarzfüssigen Schweine der Rasse Cerdo ibérico leben.
Der Schinken dieser „Pata Negra“ ist weltberühmt.
Die Tiere leben in freier Natur und ernähren sich mehrheitlich von Eicheln. Dadurch wird das Fleisch würziger.
Die Schinken werden nicht geräuchert, sondern nur eingesalzen und später luftgetrocknet. Die besten Stücke reifen zwei bis drei Jahre lang. Ein Kilogramm dieser Spezialität kostet dann gut und gerne 100 Euros.
Das haben wir alles nicht gewusst, als wir die Herden sahen, und deshalb auch keinen Schinken gekauft. Die Schweine haben somit für einmal wirklich Schwein gehabt!
Wir haben schon die verschiedensten Arten gesehen, wie Olivenbäume geschnitten werden.
In dieser Gegend lässt man die Bäume hoch wachsen, lichtet sie jedoch stark aus.
Ein Exemplar scheint ein Archaeopteryx, ein Urvogel, zu sein.
Kurze Zeit später fahren wir über die Grenze nach Portugal.