Do viđenja, Bosnien und Herzegowina!

 

Arme Sau

2. November 2019

In Zidonja wird gerade eine geschlachtete Sau zerteilt. Mit Zeichensprache frage ich, ob ich fotografieren darf. Die Männer, die nur Bosnisch und Russisch sprechen, erlauben mir das.

 

 

Einer rückt sogar den Schweinekopf im Plastikbecken zurecht, damit er auch schön zur Geltung kommt.

 

 

 

 

Ein anderer der Brüder, mit zwei Fingerstummeln an der rechten Hand, hilft nicht mit. Seine Spezialität scheint der šljivovica zu sein. Er bietet mir, am Morgen noch vor 10 Uhr, ein Gläschen an. Stolz erzählt er, dass er ihn selber gebrannt habe. Ich will nicht unhöflich sein und willige ein ein wenig davon zu kosten. Er kann sich beim Einschenken zurückhalten und ich bekomme ein kleines Schlückchen zum Degustieren. Obwohl der Pflaumenschnaps ausgezeichnet schmeckt, lehne ich weiteren Alkohol ab. Ich bin ja hier, um Bosnien und Herzegowina zu entdecken und nicht um den Führerschein loszuwerden.

Als ich weiterfahre, winken mir die Männer freundlich nach.

Da es nun kalt und feucht geworden ist, spürt man den Nachteil der Holzöfen, mit denen die Häuser beheizt werden. Die Inversion drückt den Qualm herunter und in allen Siedlungsgebieten riecht es nach Rauch und beisst in Hals und Rachen.

Ich fahre um den Modračko jezero. Kurz nach Živinice entdecke ich eine Luftseilbahn, die Kies über den Stausee befördert.

 

Luftseilbahn für Kies

 

Schade, dass da nicht Gondeln für Personen dazwischen hängen. Die ruhige Fahrt über den See wäre ausserordentlich schön.

 

Kies-Seilbahn über den Modračko jezero

 

Im Touristendorf Prokosovići herrscht Zwischensaison. Die Restaurants sind geschlossen und es wird an vielen Orten gebaut und renoviert. Im Sommer wird hier am See der Bär los sein.

 

Modračko jezero von Prokosovići aus

 

 

Staumauer des Modračko jezero

 

Ich fahre an der Staumauer vorbei und entdecke auf der Rückseite eine „Wassershow“.

 

 

Das schöne Herbstwetter scheint nun definitiv vorbei zu sein und es beginnt zu regnen.
Ich mache mich deshalb langsam auf den Heimweg. Das sind nach Navi noch etwas über 1’000 km.

Bei Botajica finde ich einen Übernachtungsplatz nahe dem Fluss Bosna.

Link zur heutigen Strecke:

 

 

Wo ist denn hier der Damm über den See?

3. November 2019

In der Nacht hat es geregnet, doch nun am Morgen klart es auf. Ich geniesse die Stimmung mit leichtem Bodennebel, der sich in der Sonne langsam auflöst.

 

Übernachtungsplatz an der Bosna

 

Die Gegend ist hügelig und lieblich.

 

Landschaft bei Kulina

 

Mir fällt auf, dass bereits seit gestern kaum mehr Müll am Strassenrand liegt. Das Abfall-Problem ist also auch in Bosnien und Herzegowina in den Griff zu kriegen.

Am Horizont lugt die Kirche von Bukovica Velika über den Wald.

 

Bukovica Velika

 

Auf der anderen Seite lockt das moderne Gotteshaus von Kulina.

 

Kirche von Kulina

 

Kirchturm von Kulina

 

Der Weg zur Kirche führt durch einen Garten. Dort ist ein kunstvolles Fenster in ein Stück Mauer eingelassen.

 

 

Die Kirche ist den Heiligen Peter und Paul gewidmet.
Ich trete ein und bin vom schlichten Interieur und der raffinierten Belichtung begeistert.

 

Kirchenraum der St. Peter und Paul-Kirche in Kulina

 

Nun fahre ich Richtung Grenzübergang in Bsanska Kostajinica.
Unterwegs entdecke ich auf der Strassenkarte einen See, über den ein Damm führt. Das ist verlockend, deshalb gebe ich ihn als Zwischenziel ein.

Die Strasse folgt ein Stück dem Fluss Sava.
Auch hier werden, wie wohl überall auf der Welt, Wochenend-Häuser an den Fluss gebaut.

 

Neues Wochenend-Haus an der Sava vor Keoci

 

 

Sava

 

Doch wer nur auf die Erde blickt, verpasst den Himmel!
Wunderschöne Wolken haben sich da aufgebaut.

 

 

 

Wolken-Ufo

 

 

 

Um die Silos einer Sägerei kreist ein Schwarm krächzender Krähen.
Sie erzeugen zusammen mit den dunkler werdenden Wolken eine gruselige Stimmung.

 

 

Ich fahre und fahre … und bin plötzlich in Gradiška.
Wo ist denn nun mein Damm?
Das Navi wollte zuerst an die Grenze und dann wieder zurück. Einen Teil seines Willens hat es gekriegt. Doch nun ist es genug!
Ich wende und fahre rund 30 km zurück zu meinem Damm über den Bardača.

Der Aufwand war gross, aber noch grösser ist die Enttäuschung!

Der See wurde zum grössten Teil trockengelegt und ist nun ein Acker, der „Damm“ eine Schotterstrasse zwischen Feldern und Restsee.

 

Mein „Damm“ über den See

 

Mein Traum vom Übernachten auf einem Damm zwischen zwei Seen hat sich in Luft aufgelöst.
Deshalb fahre ich zurück nach Gradiška.

Zuerst folge ich ein Stück der gestauten Stublaja. Links und rechts am trüben Wasser stehen viele Ferienhäuser oder Fischerhütten.

 

Weekend-Haus an der Stublaja

 

In Gradiška quartiere ich mich im Motel Taxi Bar ein. Hier gibt es WLAN und ich komme über Skype zu einem ausgiebigen Gespräch mit Annette.

 

Motel Taxi Bar in Gradiška

 

Wie die Fahnen zeigen, ist das ein internationales Motel. Deshalb dürfen auch die Informationen auf Deutsch nicht fehlen!

Ein Müsterchen aus der Broschüre, die im Zimmer aufliegt. Der Zettel ist schön gerahmt und die Schrift zentriert:

 

SEHER VEHERTEN GÄSTEN
Wenn wir das Zahlen durch Kreditkarten zasatzliches 10%
auf der Rechnung weil Kommission der Bank aufgeladen.

Alles klar??!!??

Link zur heutigen Strecke:

 

 

Nach dem Regen scheint die Sonne

4. November 2019

Am Morgen regnet es heftig. Deshalb verkrieche ich mich nach dem Frühstück nochmals ins Zimmer und fahre erst um ca. 11 Uhr los.

Ich will in den Nationalpark Kozara. Auf der Strassenkarte ist eine Hauptstrasse zweiter Ordnung eingezeichnet, doch das Navi traut sich nicht so richtig. Es findet, diese Strecke sei nicht mit einem Auto zu bewältigen.
Unbeirrt fahre ich weiter. Die neue Asphaltstrasse endet und eine Baustelle mit zum Teil schlammigem Untergrund beginnt. Trotzdem fahre ich den Berg hoch. Irgendwann ist die Strasse mit LKWs und Baggern verstellt.

 

Baustelle im Nationalpark Kozara

 

Ich deute einem Arbeiter, ob ich da weiter fahren könne. Er nickt und zeigt in die Richtung, in die ich will.
Durch den Regen ist nicht nur die Piste schmierig geworden, auch der Bach hat sich farblich den gelbbraunen Herbstblättern angeglichen. Was die können, kann ich auch, scheint er sich zu sagen.

 

 

Oh … da wäre ein wunderschöner Park- wenn nicht gar Übernachtungsplatz!
… Wäre, wenn er nicht so schlammig und das Wetter schöner wäre.

Wäre … wäre …

Heute beschränke ich mich auf die Entdeckung des Nationalparkes durch die Fenster des WoMos.

 

Hier wäre es schön, wenn es schön wäre.

 

Das Wetter wird merklich besser und ich beschliesse diese Nacht nochmals in Bosnien und Herzegowina zu verbringen.

Nach Dobrljin fahre ich links den Hügel hoch. Die einspurige asphaltierte Strasse wird zum Feldweg, aber kurz nach dem Pass finde ich einen geeigneten Platz.

 

Dobrljin im Abendlicht

 

Der Abendspaziergang führt mich vorbei an Äckern auf einen nahen Hügel.

 

 

Von hier geniesse ich den Sonnenuntergang.

Bosnien und Herzegowina will mich wohl kurz vor der Ausreise nochmals für das wechselhafte Wetter der letzten Tage entschädigen. Das gelingt voll und ganz!

 

 

 

 

 

Als ich zum NOBIS zurückkehre, steht da ein Mann, der das WoMo kritisch mustert. Ich winke und grüsse freundlich: „Dobar dan“. Verblüfft erwidert er den Gruss und geht weiter. In dieser verlassenen Gegend bin ich wohl der erste Tourist, der da aufkreuzt.

Link zur heutigen Strecke:

 

 

Fazit!

5. November 2019

Ab heute geht es wirklich heimwärts.
In Novi Grad wasche ich das total verdreckte Auto, tanke so viel, dass die Geldscheine weg sind und kaufe für die letzten Konvertible Mark einige Kleinigkeiten. Die letzten Feninge kriegt die Verkäuferin als Trinkgeld!

 

Fluss Sana bei Novi Grad

 

Dann geht es über die Grenze nach Kroatien.
Mit Bosnien und Herzegowina durften wir einmal mehr ein wunderschönes Land mit freundlichen Leuten kennenlernen, von dem wir vorher keine konkrete Vorstellung hatten.
Wie bunt und klar der Herbst sein kann, haben wir noch nie so bewusst wahrgenommen wie hier.

Wer dieses Land nicht selber bereist, verpasst etwas! 😉

Link zur heutigen Strecke:

 

 

4 Gedanken zu “Do viđenja, Bosnien und Herzegowina!

  1. Wir geniessen. Sehr. Und ja, wenn es dann mal wieder passt, freuen wir uns auf Wiedersehen. (Wie geht es eigentlich jetzt mit deinem Beizli weiter? Kannst du im Juni doch eröffnen?)

    • Das Summerbeizli Alp Bischola öffnet am 30. Mai 2020, wenn nicht noch was ungeplantes dazwischenkommt, oder die Weisungen des Bundesrates wieder ändern.

  2. Da weiss ich wieder, warum ich keine Tiere esse.
    Andererseits sind derart geschlachtete Tiere vermutlich eher die von der glücklicheren Sorte.
    Liebe Grüsse aus Zweibrücken, wo ich gerade für ein paar Tage bin (nach 40 Tagen nur Schweiz ohne uns zu sehen).

    • Ich weiss nicht wie gut es dieses Schwein im Leben hatte. Ich denke aber, dass viele Leute hier nicht auf Rosen gebettet und froh sind für alles, was sie selber produzieren können. Dabei ist Fleisch halt auch ein Lebensmittel, das relativ teuer verkauft werden kann.

      Geniesst die Zeit in Zweibrücken.
      Hoffentlich können wir uns mal wieder live treffen.

      Liebe Grüsse
      Beat und Annette

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