Richtung Lissabon
4. Oktober 2016
Wir halten mehr oder weniger den Kurs nach Lissabon. Von dort werden wir am 30. Oktober auf die Azoren fliegen, wo wir, wie bereits vor zwei Jahren, für ein paar Wochen „Housesitter“ werden. Doch mehr darüber später.
Auf Nebenstrassen fahren wir gemütlich durch die reizvolle Gegend.
Gegen Abend lesen wir auf einem Wegweiser: „Chapelle du Pont“. Wir biegen ab und finden einen kleinen Parkplatz direkt am Bach La Rance, der munter über die Steine plätschert.
Ein kurzer Spaziergang bringt uns zu der Chapelle de Notre Dame du Pont. Direkt an die kleine Kapelle ist ein Wohnhaus angebaut. Ob hier einst der Pfarrer gewohnt hat?
Wir staunen über die zweckmässige, aber ungewohnte Kombination.
Grotte Pech Merle
5. Oktober 2016
Nach Figeac biegen wir ab ins Vallée du Célé, ein hübsches Tal mit steilen Felswänden und einem sich wild schlängelnden Flüsschen.
Wir schlendern durch das verschlafene Dörfchen Espagnac-Sainte-Eulalie. Eine übergrosse Holzstatue, die einen Pilger zeigt, ist das einzige menschliche Wesen, das wir antreffen.
Mehrmals schon sind uns Äcker mit eigenartigen Gewächsen aufgefallen. Sie sehen aus wie Maisstauden, doch fehlen die Kolben und oben wachsen so eigenartige Saattrauben.
Bei Brengue können wir nicht mehr daran vorbeifahren. Wir halten an und fotografieren das für uns unbekannte Gewächs.
Später klärt uns Wikipedia auf, dass es sich um Mohrenhirse handelt. Sie wird vornehmlich für die Produktion von Mehl und als Futter für Vieh verwendet und ist das Getreide, das 2010 die fünft grösste Anbaufläche weltweit aufwies – nach Weizen, Reis, Mais und Gerste.
Einmal mehr ist der Beweis erbracht, dass Reisen und selbstverständlich auch das „unserwegs-Lesen“ bildet. 😉
An vielen Stellen drängen sich alte Häuser direkt an die Felswände des Tales. So wurde früher wohl wertvolles Acker- und Weideland geschont und die Häuser vor Überschwemmungen geschützt.
Es gibt aber auch heute noch Bauherren, die diese traditionelle Bauweise übernehmen und ihr neues Haus an die zum Teil überhängenden Felsen „kleben“.
In Cabrerets gibt es zwar kein Cabaret, dafür aber „Pech Merle“, ein sehenswertes Höhlensystem mit ausserordentlich gut erhaltenen prähistorischen Malereien.
Auf einer langen Infotafel lässt sich die Zeit nachempfinden, die seit der Entstehung der Höhle vergangen ist.
Wir buchen eine Führung und lassen uns von der Unterwelt verzaubern. Der Weg führt durch Tropfsteinhöhlen. Immer wieder erklärt unser Guide die Zeichnungen an den Wänden und Decken, die vor rund 30’000 Jahren entstanden sind.
Es ist unglaublich, wie nahe man so der Vergangenheit kommt.
Die Bilder sind alle Originale und nicht, wie zum Teil in anderen Höhlen, Nachbildungen. Zum Schutz der Kunstwerke werden pro Tag nur eine bestimmte Anzahl Besucher durch die Gänge geführt und das Höhlenklima und die Luftzusammensetzung werden ständig überwacht.
Da Fotografieren in dieser Unterwelt strikt verboten ist, zeigen wir das Bild eines Wandteppichs, der das ursprüngliche Bild gut trifft.
Link zur Infoseite von Pech Merle:
Nach diesem eindrücklichen Besuch in der Tiefe geht es wieder in die Höhe.
Wir fahren nach Saint-Cirq-Lapopie.
Es ist bereits später Nachmittag und deshalb verschieben wir den Besuch dieses historischen Dorfes auf morgen.
Die Suche nach einem geeigneten Übernachtungsplatz gestaltet sich, wie meistens in der Nähe von touristischen Hotspots, eher schwierig.
Einige Kilometer von Saint-Cirq-Lapopie wollen wir in der Nähe von Berganty auf einem kleinen Platz direkt an der Nebenstrasse übernachten.
Das Nachtessen ist beinahe fertig gekocht, als sich eine junge Frau mit ihrem Hund nähert und unser Wohnmobil ansteuert.
Werden wir nun weggeschickt?
Weit gefehlt!
Die Unbekannte teilt uns mit, dass wir auf ihrem Grundstück in der Nähe übernachten dürften, da es dort ruhiger sei, als hier, direkt an der Strasse.
Wir nehmen dankend an.
Saint-Cirq-Lapopie
6. Oktober 2016
Heute besuchen wir Saint-Cirq-Lapopie. Das Dorf liegt hoch über dem Fluss Lot auf einem Felsen.
Die aussergewöhnliche Lage auf den Klippen und die schönen alten Bauten ziehen viele Touristen an. Die Restaurant- und Café-Dichte ist deshalb sehr hoch.
Aber auch gewöhnliche Wohnhäuser wissen zu gefallen.
Beim Schlendern durch die Gassen entdeckt man immer wieder pittoreske Details, die zum genaueren Hingucken verleiten.
Zum Beispiel:
Hast du die „Schmuckstücke“ am mittleren Haus entdeckt?
Hier etwas grösser:
Vor allem die alten Türen mit ihren Klopfern haben es Beat angetan. Zum Glück gibt es heute im digitalen Zeitalter keine 36er Filme mehr. In Saint-Cirq-Lapopie hätte er mehrere davon verbraucht.
Nachdem wir gestern in die prähistorische Zeit abgetaucht sind, interessiert uns natürlich brennend, was hier im vorletzten Jahrhundert so alles geschehen ist.
Wir haben Glück: an einem Haus finden wir eine informative Tafel.
Für nicht Frankofone übersetzen wir sinngemäss: „Hier ist am 17. April 1891 überhaupt rein gar nichts passiert“.
Wir haben uns sattgesehen und spazieren zurück zu unserem Wohnmobil. Ein Hausrotschwanz schaut uns interessiert nach.
Annette entdeckt auf dem Navi bei Montcuq einen See mit Picknickplatz.
Wir fahren hin, braten dort unsere letzten Cervelats aus der Schweiz und geniessen anschliessend ein Bad im See.
Am späteren Abend fährt ein weiteres Wohnmobil auf den riesigen Parkplatz. Ein Mann steigt aus und führt seinen Hund spazieren. Dabei pfeift er virtuos einige Melodien.
Ziegenkäse-Empfehlung
7. Oktober 2016
Wir kommen mit unserem Nachbarn Mike ins Gespräch. Er stammt ursprünglich aus Grossbritannien, lebt aber seit Jahren hier in der Nähe.
Er ist in Scheidung, sucht nun das einfache Leben und wohnt vor allem im Wohnmobil. Mike empfiehlt uns eine kleine Wanderung hoch zur Kapelle über dem See.
Danach könnten wir ja noch zusammen Kaffee trinken. Er müsse zuerst nach Cahors fahren zum TÜV.
Wir spazieren um den Lac de Montcuq und hinauf zur Kapelle, die heute als privates Gebäude genutzt wird.
Nach der Wanderung ist auch Mike zurück. Er hat sein WoMo erfolgreich durch die Prüfung gebracht und will damit demnächst nach Portugal an die Algarve aufbrechen.
Wir unterhalten uns angeregt – mal auf Englisch, mal auf Französisch – bei Tee und Guetzli und feinem Ziegenkäse, den er mitgebracht hat.
Er erklärt uns, wo man den leckeren Käse direkt beim Erzeuger kaufen kann und wir fahren später extra nach Le Cluzel und decken uns mit drei verschiedenen Sorten ein.
Dann gehts wieder zurück an den Lac de Montcuq.
Link zur Wanderung um den Lac de Montcuq und auf die umliegenden Hügel: Da auf „google maps“ ein Teil des Weges fehlt, haben wir dort eine ungefähre Strecke in die Karte gezeichnet.
Auch wir fahren nach Auch
8. Oktober 2016
Auch wir müssen, wie wohl viele Deutschsprechende, das Ortsschild von „Auch“ fotografieren.
Übrigens: folgendes Schild heisst nicht etwa: „Auch nicht“, sondern zeigt lediglich das Ende der Ortschaft „Auch“ an.
Doch nun ist genug geblödelt!
Wir wollen weiter auf Nebenstrassen Richtung Portugal.
Unterwegs stossen wir auf den hübschen Picknick-Platz an der Petite Baïse von L‘ Île-de-Noé und beschliessen spontan hier zu bleiben.
Der Platz ist überschattet von grossen Platanen, in das Rauschen des Flusses mischt sich Musik aus einem der Häuser. Als auch noch ein verschmuster Golden Retriever vorbeischaut, fühlen wir uns rundum wohl.
Bei Sonnenuntergang verabschiedet ein Gockel lautstark und mit viel Ausdauer die Sonne. Leider haben wir keine Studien zum Thema: „Tag-Nacht-Umkehr bei Hähnen“ gefunden.
Am Stamm einer Platane direkt neben unserem NOBIS wacht eine Ratte. Wir können deshalb beruhigt schlafen gehen.
Nous nous arrêtons en Arette
9. Oktober 2016
Die Temperaturen sind angenehm und wir frühstücken draussen an einem der Picknicktische.
Danach fahren wir weiter Richtung Süden. Morgen wollen wir die Grenze zu Spanien überqueren.
Unterwegs sehen wir Mähdrescher, die etwas ernten, das wir nicht kennen. Wieder müssen wir fotografieren und uns danach schlau machen, um was es sich handelt.
Die „biologisch Gebildeten“ werden es herausgefunden haben: es sind Sojabohnen.
Im schmucklosen Arette nächtigen wir auf einem offiziellen und kostenlosen Stellplatz.
Der Spaziergang durch das Dorf bringt uns einige Baumnüsse ein, die auf dem Weg liegen.
Auf einer Infotafel sehen wir, dass es in der Nähe schöne Wanderwege gibt.
Morgen soll die Sonne scheinen und wir wollen einen der umliegenden Hügel besteigen, deshalb fotografieren wir schon mal die gezeichneten Wanderrouten.
Doch erstens kommt es anders, zweitens als man denkt ….
Nicht 52 km bis zur Grenze, sondern 340 km!
10. Oktober 2016
Als wir aufstehen ist der Himmel wolkenlos, ein idealer Wandertag.
Bis zur Grenze nach Spanien sind es nur noch 52 km und kurz davor beginnt der Rundwanderweg über den Pic Soulaing – ideal für uns.
Nach dem Frühstück erledigen wir im kleinen Dorfladen unsere Einkäufe und loggen uns vor dem Tourismusbüro noch schnell ins Internet ein.
Plötzlich realisiert Beat, dass heute Abend die Schweizer Fussball-Nationalmannschaft in Andorra einen WM-Qualifikationsmatch spielt.
Andorra, das liegt doch hier gleich in der Nähe … oder?
Wir konsultieren die Karte. Andorra liegt nicht weit entfernt, aber die Strasse führt in einem weiten Bogen um die hohen Berge der Pyrenäen dorthin. Bis zur Grenze sind es so 340 km und nach Andorra la Vella 28 km weiter.
Wir sind den Tag gemütlich angegangen und es ist bereits nach 11:00 Uhr, trotzdem, das sollte noch zu schaffen sein.
Wir fahren los und da wir genügend Zeit haben, nicht auf der Autobahn, sondern auf landschaftlich schönen Strecken.
Unsere Frau vom Navi empfiehlt uns mit sanfter Stimme eine besonders schöne Route. Wir folgen ihrem Rat und fahren auf schmalen gewundenen Wegen über die Berge, durch eine wunderschöne Gegend, aber – der Diesel wird langsam knapp und die Zeit läuft uns davon.
Wir wollten eigentlich in Spanien tanken, da der Treibstoff dort günstiger ist, nun vervielfacht sich aber unsere Wegstrecke und hier im Nirgendwo gibt es keine Tankstellen.
Langsam werden wir nervös.
Irgendwann führt die Bergstrasse dann doch wieder ins Tal und wir gönnen unserem NOBIS ein paar Liter Diesel.
Das reicht bis zur Grenze, wo wir (für 87,5 Cent pro Liter!) den Tank füllen lassen.
Langsam beginnt es zu dämmern und ein Blick auf die Uhr zeigt, es bleibt nicht mehr allzu viel Zeit bis zum Anpfiff Andorra gegen die Schweiz.
Ob wir es noch schaffen …?
Das erfahrt ihr schon bald, denn hier endet Frankreich und damit auch unser heutiger Blogbeitrag. 😉