Nach 28 Tagen endlich weiter

 

Schweizer Zopf

11. Februar 2015

Heute scheint endlich wieder einmal die Sonne und das Thermometer klettert auf 15° C. Wir fahren in die Berge. Wohin sollen Schweizer nach drei Wochen am Meer denn sonst fahren?
In Episkopia staunen wir. In einer Bäckerei mit integrierter Bar verkaufen sie „Treccia Svizzera“.
Wir fragen die Verkäuferin, wie sie dazu komme Schweizer Zopf zu verkaufen. Sie erzählt, dass einige Leute aus dem Dorf lange in der Schweiz gelebt und gearbeitet hätten. Diese brachten ihr das Rezept mit. Wir essen ein Zopf-Sandwich, gut gefüllt mit Nutella … Köstlich!

In Chiaromonte spazieren wir durch das Dorf. Eine der zahlreichen Katzen begrüsst uns von einem Autodach. Ihr Fell, Ton in Ton mit der Hausfarbe und als Kontrast das Violett der Unterlage, … vermutlich handelt es sich um eine Künstlerin.

 

 

Sehenswert ist auch das schmale Haus an einer Strassengabelung. Nein, das ist kein Schreibfehler. In diesen schmalen Gassen verkehren tatsächlich Autos. Mehr als fünf Zentimeter Luft auf beiden Seiten des Fiat Pandas, den wir beobachtet haben, stehen jedoch nicht zur Verfügung.

 

 

Im unteren Teil des Dorfes sind Keller in den Fels gehauen und mit schönen Toren und massiven Riegeln gesichert.

 

 

 

 

 

 

 

Link zur heutigen Strecke:

 

 

Spaziergang am Strand Arcomagno

12. Februar 2015

Wir fahren an den nahen Strand Arcomagno und wollen dem Weg folgen, der über eine kleine, von oben unzugängliche Bucht nach Praia a Mare führt. Leider ist der Aufstieg mit einem Eisengitter abgesperrt. Ein Mann (hinter dem Gitter) erklärt uns, dass wir wegen Steinschlaggefahr nicht passieren dürften. Schade.

 

 

Deshalb spazieren wir auf dem Sandstrand dem Meer entlang und steigen auf der anderen Seite der Bucht die Treppe hoch. Oben geniessen wir die Aussicht über eine Villa, die aus Tausendundeiner Nacht zu stammen scheint.

 

Rechts der markanten Insel di Dino liegt Praia a Mare. Dort sitzen wir nun bereits seit drei Wochen fest und warten auf ein Ersatzteil für unseren Peugeot Boxer.

 

 

Schöner Freitag, der 13.

13. Februar 2015

Sonniges Wetter und Temperaturen über 18° C treiben uns hinaus. Wir fahren nach Tortora und von dort per pedes das Tal entlang. Wir wollen uns ein wenig die Füsse vertreten und nach ca. einer Stunde wieder umkehren.
Kurz nach dem Dorf bewundern wir einen stolzen Hahn mit leuchtendrotem Kamm. Aus dem kleinen, sehr einfachen Haus, das am steilen Hang klebt, tritt eine alte Frau, die uns misstrauisch mustert. Annette erklärt ihr unsere Begeisterung für den Gockel. Die Greisin lächelt, wobei sie die beiden Schneidezähne zeigt, die ihr noch geblieben sind.
Stolz erzählt sie uns, dass sie alles besitze, was sie zum Leben brauche: Garten, Hühner und sogar ein Schwein. Sie bewirtschafte alles alleine und schneide sogar die Olivenbäume selber. Zum Beweis klettert sie behände eine Leiter hoch, die am Zaun steht. Wir bewundern die Fitness der alten Frau, ihre Zufriedenheit und ihren Stolz auf ihr kleines Anwesen.

Ein Stück weiter werfen wir einen Blick auf Aieta. Dieses Dorf haben wir vor zwölf Tagen, am 1. Februar, besucht. Seine Lage erinnert uns an Klöster im Himalaya.

 

Aieta im Winter

 

Unterwegs schliesst sich uns ein kurzbeiniges Hündchen, der Rasse Promenadenmischung, an. Erst eine halbe Stunde später, als wir an einem Bauernhof vorbeikommen, wo uns vier grosse, bellende Hunde entgegenspringen, findet unsere kleine Begleiterin, es sei nun Zeit wieder umzukehren.
Wir jedoch wollen noch ein Stück weiter gehen.
Kurz darauf treffen wir einen alten Mann, der seine Ziegen hütet. Einmal mehr ist ein freundlicher Gruss der Einstieg in ein Gespräch. Er interessiert sich sehr dafür, woher wir kommen und warum wir gerade hierher gereist sind, dazu noch im Winter. Er erklärt uns, dass wir um den Berg herum wandern können und so wieder nach Tortora gelangen würden. Dank seinem Tipp bauen wir unseren Spaziergang zu einer sehr schönen, viereinhalb stündigen Rundwanderung aus.

Link zur heutigen Strecke:

Link zur Rundwanderung von Tortora aus: Da auf “google maps” ein Teil des Weges fehlt, haben wir dort eine ungefähre Strecke in die Karte gezeichnet.

 

 

Die ältesten Kastanienbäume Italiens

18. Februar 2015

Wir haben den Hotelkoller und müssen trotz stürmischem Wind hinaus. Zum Glück regnet es nicht.
Wir fahren nach Grisolia und von dort zu Fuss weiter, ohne festes Ziel. Unterwegs stoppen wir einen Geländewagen. Er ist bis unter das Dach mit Brennholz gefüllt, so dass der Fahrer kaum mehr Platz hat. Annette fragt ihn, ob wir um den Berg herum ins Dorf zurückwandern könnten. Da gibt aus dem Holz eine Frauenstimme Antwort. Erst jetzt sehen wir, dass auf dem Beifahrersitz, ebenfalls von Brennholz eingemauert, seine Frau sitzt.

Dank der freundlichen Auskunft kommen wir einmal mehr zu einer Rundwanderung und müssen nicht denselben Weg zurückgehen, den wir gekommen sind.

Auf der anderen Seite des Berges fallen uns beinahe die Augen aus dem Kopf. Riesige, uralte Kastanienbäume stehen im Wald. Viele sind innen hohl. Annette schlüpft in einen hinein. Selbst mit ausgestreckten Armen, kann sie nicht beide Innenseiten des Baumriesen berühren.

 

Die Frau im Baum

 

Einen so mächtigen Baum haben wir noch nie gesehen.

 

 

 

 

 

 

 

Ausblick vom Baumriesen

 

 

 

 

 

 

 

Der dickste Kastanienbaum hat einen Durchmesser von rund fünf Metern.
Die Vergangenheit ging an diesen Bäumen nicht spurlos vorbei, doch alle leben noch. Wie alt mögen sie wohl sein?

 

Detail von einem Stamm

Ein Stück verwittertes Totholz

 

 

 

 

 

 

Wir sind zufällig auf diese Waldriesen gestossen. Erst nachträglich im Hotel klärt uns das Internet darüber auf, dass es sich hier um die ältesten Kastanienbäume Italiens handelt. Sie sollen 3000 Jahre alt sein.

Bei uns wären diese Naturwunder, die am Rande des Nationalparks von Pollino stehen, schon lange als Attraktion beworben. Hier scheint aber der nahe Meeresstrand, der im Sommer unzählige Urlauber anzieht, wichtiger zu sein als ein paar alte Bäume.

Link zur heutigen Strecke:

Link zur Rundwanderung von Grisolia aus:

 

 

Morgen

 

Morgen geht unsere Fahrt endlich, endlich weiter. Nach 28 Tagen!!! soll das letzte der benötigten Ersatzteile bei der Peugeot-Garage hier in Praia a Mare eintreffen und auch gleich montiert werden, wie man uns verspricht.
Wir glauben trotz der vielen Vertröstungen in der vorhergehenden Zeit daran … die Hoffnung stirbt zuletzt. 😉

Ein letztes Mal schlafen wir im New Hotel Blu Eden. Wir haben uns hier sehr wohl gefühlt und sind von der Hoteliersfamilie ausserordentlich zuvorkommend und liebevoll betreut worden.
Herzlichen Dank.

 

New Hotel Blu Eden in Praia a Mare

 

Link zum New Hotel Blu Eden:

 

 

Warten … warten … warten …

 

Aieta

1. Februar 2015

Heute fahren wir in das Bergdorf Aieta. Es liegt, wie alle alten Dörfer hier in der Gegend, auf einem Hügel. Speziell daran ist, dass auf der Hügelspitze nicht die Häuser stehen, sondern ein schöner Waldpark mit Picknicktischen angelegt wurde. Das Dorf selber ist gegen das Landesinnere hin ausgerichtet und nicht gegen das Meer.

 

 

Aieta ist so verwinkelt, dass wir zweimal Einheimische nach dem Weg fragen müssen bis wir die einzige offene Bar des Dorfes finden. Dort geniessen wir den Kaffee und die heissen „conchiglie“ (Blätterteiggebäck in Muschelform mit Vanille-Himbeer-Füllung).

Hier zwei „Treppen-Eindrücke“ aus Aieta.

Markante Aussentreppe aus ungewohnter Perspektive

Wo die Wendeltreppe im Haus verläuft, ist selbst von aussen sichtbar

 

 

 

 

 

 

Link zur heutigen Strecke:

 

 

„Domani“

2. Februar 2015

Bei einem Besuch in der Peugeot-Garage vernehmen wir, dass insgesamt drei Ersatzteile fehlen und diese „domani“ (morgen) geliefert würden.

Da sind wir aber froh. Wir stecken hier nun doch schon seit dem 23. Januar, also seit zehn Tagen, fest und wollen langsam weiter!

 

 

Nochmals zwei bis drei Tage

3. Februar 2015

Wir erfahren, dass die Ersatzteile noch nicht im Zentrallager von Mailand eingetroffen sind und dass wir uns weitere zwei bis drei Tage gedulden müssen.

 

 

Irgendwann im Februar … (Neue Information aus der Garage)

4. Februar 2015

Heute weiss man Neues in der Peugeot-Garage!
Eines der Teile, die sie benötigen um unser Wohnmobil (Jahrgang 2014!) zu reparieren, sei zur Zeit nicht lieferbar. Sie würden es deshalb erst „irgendwann im Februar“ erhalten.

Sch…! 😦

Frustriert ziehen wir von dannen. Leider vergassen wir zu fragen, ob sie Februar 2015 oder doch eher 2016 meinten. 😉
Wir beschliessen mit unserem Ersatzwagen eine kleine Rundfahrt zu unternehmen, um auf andere Gedanken zu kommen.

Die Schäden, die durch starke Regenfälle in den letzten Tagen verursacht wurden, sind nicht zu übersehen.

 

 

 

 

 

 

Doch es gibt auch Schönes zu sehen. Durch eine Lücke in den Wolken fällt ein Sonnenstrahl auf das Dorf Rivello. Es leuchtet freundlich vor dem trüben Hintergrund. (Anmerkung für Schweizer: Das „o“ im Dorfnamen ist richtig und sollte nicht etwa ein „a“ sein.)

 

Rivello

 

Das Abendessen nehmen wir unterwegs in einem Restaurant ein. Der Durchfall, den wir beide kurz darauf bekommen, sagt wohl mehr über die Hygiene dieses Lokals aus als jedes Zertifikat.

Link zur heutigen Strecke:

 

 

„Turisti fai da te“

5. Februr 2015

Ein weiterer Ausflug bringt uns nach Cuccaro Vetere. Dort fallen wir als einzige Wintertouristen auf. Ein älterer Mann grüsst uns mit „Ciao Turisti fai da te“. Was soviel wie „do it yourself-Touristen“ heisst. Dieser Ausdruck gefällt uns besser als die langweilige deutsche Version: „Individualtouristen“.

Zu sehen gibt es hier das Übliche: Schmale Gässchen zwischen alten, zum Teil renovationsbedürftigen Häusern und zwischendurch ein Blick in die Ebene.

Aber auch das hat seinen Reiz, wie die Schwarzweissaufnahme eines Balkons zeigt.

 

 

 

 

 

 

 

 

In einigen Gärtchen kontrastieren leuchtende Mandarinen mit dem Grau des trübkalten Wintertages.

 

 

 

 

 

 

 

Link zur heutigen Strecke:

 

 

Warten … … …!

6. bis ???. Februar 2015

Diese Tage verbringen wir vorwiegend mit Lesen und Warten im Hotelzimmer, dem einzigen geheizten Raum weit und breit.
Der Himmel ist meist trüb und es bläst ein kalter Wind, der sich zwischendurch zum Sturm entwickelt. Er pfeift geräuschvoll um das Haus und rüttelt an den Jalousien, als wolle er auch gerne an die Wärme kommen. Ab und zu fallen sogar ein paar Schneeflocken, was hier in Kalabrien auf Meereshöhe nur alle paar Jahre vorkommt.
Kein Wetter, das uns hinaus zieht.

Die kurzen sonnigen Abschnitte nutzen wir für kleine Ausflüge ans Meer, das durch den aufgewirbelten Sand in Küstennähe eine ungewohnt beige Farben erhält.

 

 

Einmal spazieren wir zum Hotel Club Bridge, das wie eine Krone über der bunten Siedlung auf einem nahen Hügel thront.

 

 

Die Feriensiedlung ist durch eine Strasse erschlossen, die mit einer Schranke gesichert ist. Ein Portier tritt heraus und teilt uns mit, dass dies hier ein Privatdorf sei und Unberechtigte keinen Zutritt hätten. Annette versteht plötzlich kaum mehr Italienisch. Sie stammelt immer wieder etwas von „passeggiata“ (Spaziergang) und deutet die Strasse hoch. Irgendwann wird es dem Wächter zu dumm, zu kalt oder beides zusammen und er verschwindet wieder in seiner Loge. Wir spazieren an der Schranke vorbei und den Berg hinauf. Die Häuser der Siedlung sind zum grössten Teil gut unterhalten und mit hübschen Gärten versehen.

Oben angekommen trifft uns jedoch beinahe der Schlag. Das Hotel, das von ferne so malerisch ausgesehen hat, ist eine Ruine. Die Eingangstür, neben der noch traurig das Schild mit den vier Sternen hängt, ist eingeschlagen. Überall bröckelt Farbe, Verputz und gar Beton von der Fassade.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Selbst das Fahrzeug des ehemaligen Hauswarts scheint nicht mehr an eine Zukunft zu glauben.

 

 

Übrigens: Vor 15 Jahren soll das Hotel Club Bridge das Beste in der Gegend gewesen sein.