Srebrenica und Višegrad

 

Unterwegs nach Srebrenica

30. Oktober 2019

An der Strasse nach Ovići entdecke ich diesen hübschen Brunnen. Er ist ganz neu gebaut und bietet mir die Gelegenheit die Wasservorräte aufzufüllen.

 

Malerischer Brunnen vor Ovići

 

Wenig später fahre ich an dem Steinbruch vorbei, aus dem wohl die Steine des Brunnens stammen.
Durch die Schichtung können ganze Platten herausgelöst werden, was die Weiterverarbeitung sehr vereinfacht.

 

Von der Natur „gefaltete Steinplatten“.

 

Es nieselt leicht. Die asphaltierte Strasse wechselt in eine Schotterpiste, die mehr Löcher als ebene Flächen hat. Ein Teil wird saniert. Der Kies liegt in Haufen neben den Löchern und wartet darauf eingebaut zu werden.
Der Weg führt vorwiegend durch Wald, der von der Strasse aus gesehen, total vermüllt ist. Auf den offenen Flächen stehen viele Bauernhäuser, die meisten unverputzt. Aber auch kriegsversehrte Gebäude stehen dazwischen.
Zusammen mit dem trüben Wetter ein trostloser Anblick. 😦

 

 

In einem Weiler vor Milići steht eine Tafel auf der Jaja angeboten werden.
Ich will das Kleingewerbe unterstützen, packe einen Eierkarton und steige aus. Ein Mann humpelt heran. An seiner rechten Hand fehlen an zwei Fingern die vordersten Glieder.
Durch Gesten gibt er mir zu verstehen, dass er keine Eier verkaufe. Nach kurzer Bedenkzeit deutet er mir zu warten. Er holt im Haus einen Schlüssel und gibt mir aus seinem ehemaligen Laden die letzten drei Eier. Mehr hat es dort nicht. Ich will sie bezahlen, doch er will partout kein Geld.

In Olovske Luke lerne ich, dass man das Brennholz nicht mühsam die Treppe hochtragen muss, wenn man einen Radlader hat.
Freundlich winkt mir der Mann zu, bevor er sich wieder seiner Arbeit zuwendet.

 

Der Radlader machts einfacher.

 

Das Wasserrad an der Strasse nach Gradina hat wohl nur dekorativen Charakter. Oder wird hier eine neue Mühle mit alter Technik gebaut?

 

 

In Milići entdecke ich, wie man alte Autoreifen wieder verwerten kann.
Diese Schwäne sind sehr genügsam und brauchen weder Futter noch Wasser.

 

Schwäne in Milići

 

Ich fahre über den Pass Kiokoč nach Srebrenica.
Ein Stück vor dem Dorf wird ein grosses Fabrikgelände von der Natur zurückerobert.

 

 

Ein kleiner, struppiger schwarzer Hund nähert sich dem NOBIS. Er schnuppert kurz am WoMo und zieht weiter.
Mit einem Sack Hundefutter steige ich aus.
Diese Sprache versteht er. Er kehrt zurück, bleibt aber scheu in einiger Entfernung stehen. Als ich einige Futterbrocken an den Strassenrand werfe, kommt er jedoch hungrig heran und frisst sie.

Nun bin ich an meinem heutigen Ziel angelangt!
Srebrenica ist ein Strassendorf in einem engen Tal. Auch hier viele kaputte Häuser, daneben aber auch renovierte und Neubauten. Eine eigentümliche Mischung.
Ich beschliesse heute in einem Hotel zu übernachten. Eingangs Dorf steht eine Pension, weiter unten ein Hostel … das wars.
Ich fahre zwei Dörfer weiter, doch sehe ich kein Hotel weit und breit.
Es dunkelt bereits.
Ich kehre deshalb wieder um und buche ein Einzelzimmer in der Pension Misirlije. Das kostet BAM 44.00, das sind umgerechnet 24.20 Franken (€ 21.80).

 

Pension Misirlije in Srebrenica.

 

Die Hausspezialität, das Filet Mignon à la Mustafa (3 grosse Rindsschmorplätzli!!!) mit Pommes, gebratenem Gemüse und Reis mit Erbsen, Peperoni und Rüebli kostet umgerechnet CHF 8.25 (€ 7.45). Ja, ich weiss, das ist sündhaft teuer, aber man gönnt sich ja sonst nichts! 😉

Link zur heutigen Strecke:

 

 

Srebrenica

31. Oktober 2019

Ich fahre durch Srebrenica. Aus den vielen Parabolantennen schliesse ich, dass Fernsehen hier ein wichtiger Zeitvertreib ist.

 

ParabolanParabolanParabolan…

 

Die Gedenkstätte des Völkermordes an den Muslimen vom Juli 1995 ist beklemmend und eindrücklich.
Für jede gefundene und identifizierte Leiche steht ein weisser Marmorpfeiler mit Namen und Geburtsdatum.
Noch heute werden sterbliche Überreste gefunden und hier beerdigt.
Die Fahnen von Bosnien und Herzegowina auf dem bewachten und eingezäunten Feld stehen alle auf Halbmast.

Obwohl Srebrenica seit 1993 als Schutzzone der UNO galt, wurden dort im Juli 1995 etwa 8000 muslimische Männer und Jungen von bosnisch-serbischen Einheiten ermordet. Es kam zu systematischen Vergewaltigungen von Frauen und Mädchen.
Das war das schwerste Kriegsverbrechen in Europa seit dem 2. Weltkrieg.

 

 

 

 

 

 

Lernt der Mensch wirklich nichts aus der Geschichte? Warum wiederholen sich solche Kriegsverbrechen immer wieder??
Nachdenklich und traurig verlasse ich diese Stätte.

Auch die nähere Umgebung trägt nicht zu besserer Stimmung bei.

 

Vergammelnde Fabrikgbäude

 

 

Kriegsversehrtes Haus

 

Ich fahre zurück nach Srebrenica. Und da sehe ich das Wandbild mit dem kleinen Jungen:

 

Titel des Kunstwerkes: „Über die Mauer“

 

Nun nehme ich Kurs auf mein nächstes Ziel, Višegrad.
Dazu fahre ich zurück durch Srebrenica, vorbei an der Pension, in der ich übernachtet habe und weiter zu der Fabrikruine, ausserhalb des Dorfes. Der kleine, schwarze Hund von gestern scheint auf mich gewartet zu haben. Schnell springt er zum Wagen, als ich anhalte. Die Portion Hundefutter ist heute etwas grösser, denn morgen komme ich nicht mehr hier vorbei.

Der kürzeste Weg nach Višegrad führt ein paar Kilometer über serbisches Gebiet.
Ich staune, dass an der Grenze keine Kontrollen durchgeführt werden.
Kurz darauf merke ich, dass ich an der Grenze vorbeigefahren bin. Ich hätte rechts abbiegen und über eine schmale Brücke fahren müssen.

Dank solchen Fehlern kommt man dazu, auch mal den Rückwärtsgang zu amortisieren. 😉

Der bosnische Zöllner nimmt es ganz genau. ID, Fahrzeugausweis, grüne Karte und dann vor allem, will er sich mal das WoMo von innen ansehen. Das interessiert auch seine Kollegin, die sich der „Führung“ anschliesst. So was sieht man hier nicht alle Tage. Sie staunen, dass da eine Küche und sogar Dusche und WC vorhanden sind. Auch in einige Kästchen will er gucken.
Zum Schluss fragt er, ob ich kein Kokain mit mir führe und gibt mir lachend die Dokumente zurück.

In der serbischen Stadt Bajina Bašta gleich nach der Grenze verfahre ich mich total. Die Strassen sind alle in schlechtem Zustand und mir wird nicht klar, welches die Hauptstrasse ist, der ich folgen muss. Mein Navi dagegen liebt vor allem die schmalen, steilen und kurvenreichen Strässchen. Irgenwann gebe ich auf, fahre ein Stück zurück und setze weitere Punkte auf der Route durch die Stadt.

Vor der Grenze zurück nach Bosnien und Herzegowina stoppt mich eine geschlossene Barriere. Das ist noch nicht die Grenze, wie ich zuerst vermute.
Ein Uniformierter kommt heran und verlangt in schlechtem Englisch 5 Euro. Er schwafelt etwas von „Eco“. Da ich begriffsstutzig bin, holt er einen Bündel Euronoten, um mir klar zu machen, was er will. Zudem eine Quittung, die da irgendwo herumgelegen ist, ohne Datum und Uhrzeit natürlich. Darauf steht etwas in kyrillischer Schrift, das ich nicht lesen kann, und die Zahl 500.00. Wohl serbische Währung. Ich gebe ihm 10 bosnische Mark (rund 5 €) und er bringt mir eine bosnische Ein-Mark Münze zurück. Dann öffnet er die Schranke.
Man muss ja nicht alles verstehen!

Die Passage durch die beiden Zollämter verläuft dann reibungslos. Natürlich mit zeigen der ID, der grünen Versicherungskarte und des Fahrzeugausweises.

Dann führt die Strasse durch eine eindrückliche Schlucht, die sich der Bach Rzav gegraben hat.
Ein Schmalspur-Bahngeleise verläuft auf der anderen Seite weit unten am Wasser.
Ob hier wohl noch Züge verkehren? Es müsste romantisch sein, da mitzufahren.

 

Schlucht des Rzav

 

Wenn ich mir die Qualität des Betons ansehe, bin ich froh, dass die Strassenbrücken in Bogenform gebaut und damit in sich selber stabil sind.

 

Brücke über den Bach Rzav

 

Ja, wenn man am Zement spart oder die Körnung des Kieses schlecht ist, verwittert der sonst ach so beständige Beton relativ schnell.

 

Beton! … Beton?

 

Als ich in Višegrad ankomme, dämmert es bereits.
Ich wähle eine Nebenstrasse auf einen Pass. Da wird wohl irgendwo ein Plätzlein für mich sein.
Und wirklich, nach Donja Lijeska liegt im Wald eine grössere Lichtung, auf der eine kleine Hütte mit Bänken und Tischen steht, vermutlich ein Picknickplatz. Dahin stelle ich mich, etwas verdeckt vom Wald.

 

Einmal mehr ein ruhiger Übernachtungsplatz

 

Link zur heutigen Strecke:

 

 

Višegrad

1. November 2019

Der Tag ist grau und kühl wie die letzten.
Ich fahre ins Tal hinunter nach Višegrad.

 

Strasse nach Višegrad

 

Mein Ziel ist die berühmte Mehmed Paša Sokolović Brücke über die Drina. Sie wurde von 1571 bis 1577/78 erbaut. Seit 2007 steht sie auf der Liste des Weltkulturerbes der UNESCO.

 

Mehmed Paša Sokolović Brücke

 

Das imposante Bauwerk besteht aus elf Bögen und hat eine Länge von etwa 180 Metern.

 

 

Die Touristenboote unten am Ufer warten auf die neue Saison.

 

 

Auch das Städtchen selber ist sehenswert.
Ein romantisches Liebespaar, kunstvoll auf die Wand gemalt, gefällt mir besonders gut.

 

 

Doch auch folgende Portraits zeigen: Kunst kommt von Können!

 

Ivo Andrić

 

Ivo Andrić (1892–1975) war ein Schriftsteller und Politiker. 1961 erhielt er den Literaturnobelpreis.

 

Wandgemälde an einer Schule

 

Nach dem ausgiebigen Stadtbummel steige ich auf einen nahen Hügel, um den Blick von oben zu geniessen. Die Brücke über die Drina scheint mir von hier oben noch schöner.

 

Mehmed Paša Sokolović Brücke

 

In Višegradska Banja, soll eine heisse Quelle sprudeln und eine SPA-Anlage sein. Vielleicht 2 Tage wellnessen?
Das 3-Stern Hotel scheint nicht gerade gut unterhalten zu sein. Zudem liegt es in einem engen schattigen Tal. Alles ist in kyrillischer Schrift angeschrieben, die ich nicht lesen kann.
Das ist nicht, was ich suche.

Ich fahre deshalb wieder zurück.
Nach einem letzten Blick auf die serbisch-orthodoxe Kirche auf der Halbinsel Andrićgrad kurve ich weiter durch das wunderschöne Tal der Drina.

 

Andrićgrad

 

 

Tal der Drina

 

 

Tal der Drina

 

In Ustiprača kaufe ich in einem kleinen, dunklen Laden ein. Dass er offen ist, bemerke ich nur, weil ein Kunde herauskommt.
Die Produkte im Kühlschrank sieht man kaum. Man muss die Dinge herausnehmen, um sie zu erkennen.
Strom für Licht ist wohl zu teuer.
Trotzdem finde ich ein Naturjoghurt. Mayonnaise gibt es nur im kleinen Beutel, aber immerhin. Dazu kaufe ich die Hälfte der Bananen, die da liegen … und diese zwei esse ich auch gleich nach meinem Einkauf.
Die Verkäuferin scheint froh zu sein, dass etwas läuft. Sie bedankt sich mehrmals herzlich.

Kurz vor Podromanija blinkt von Ferne ein goldenes Dach mit Kreuz.
Meine Aufmerksamkeit ist geweckt und ich fahre auf dem Feldweg zu dieser Kirche.

 

Kirche mit Golddach im Nirgendwo

 

Sie steht mitten in einem Feld, weitab von irgendwelchen Dörfern.
Das Gotteshaus ist noch im Bau. Leider ist die Türe geschlossen. Heute Freitag ist weit und breit kein Arbeiter zu sehen.
Ob sie die Arbeit niedergelegt haben, weil kein Bier mehr da ist?

 

Kein Bier – keine Arbeit!

 

Wie dem auch sei, ich fahre zurück auf die Hauptstrasse und dann noch bis Šekovići, wo ich einen schönen Übernachtungsplatz direkt am Bach finde.

Link zur heutigen Strecke: