West-Tatra und Liptau

 

Freilichtmuseum Orava

26. Juni 2018

Die Wolken hängen tief. Wandern in den Bergen ist nicht nur sinnlos, sondern kann sogar gefährlich werden. Doch Annette hat ein Alternativprogramm gefunden.
Wir fahren einige Kilometer talauswärts und sehen uns das Freilichtmuseum Orava an. Hier wurde ein Dorf nachgebaut mit Original-Häusern aus dem 18. und 19. Jh.

 

Heutige Bewohner von Orava

 

Die Gebäude sind mehrheitlich Holzbauten, erst in neuerer Zeit konnten sich wohlhabendere Leute ein Haus aus Stein leisten.
Früher galten verputzte Holzhäuser schon als „mehrbesser“.
Die ärmeren Bauern und Handwerker füllten die Balkenlagen lediglich mit trockenem Moos aus, damit der Wind nicht durch die Ritzen blasen konnte.

 

Freilichtmuseum Orava

 

Durch das abwechslungsreich angelegte Gelände fliesst der Bach Studený potok.

Ein Schornstein fehlt bei all den Häusern. Der Rauch wurde von der Kochstelle ins Dachgeschoss geleitet. Dort hängte man Fisch, Käse, Fleisch und Wurstwaren zum Räuchern auf. Danach zog er direkt durch die Schindeln ab.

 

 

 

 

Bauernhof

 

 

Einfacher Gartenzaun aus geschälten Ruten

 

 

Schraubenziege (Capra falconeri)?

 

Natürlich sind die Häuser offen und man entdeckt da so einiges … Bekanntes und Unbekanntes!

 

Stube des Lehrers im 19. Jh erbaut

 

 

Haus des Schultheiss von 1828

 

In der Stube des Gemeindevorstehers standen die Waagen und Masse für Getreide und Kartoffeln, die in dieser Gemeinde gültig waren.

 

Haus eines Kleinbauern von 1790

 

Was steht denn da mitten in der Stube?
Ah! eine Gehhilfe für ganz kleine Kinder. So konnten sie ihre ersten Schritte wagen, ohne umzufallen und ohne in die Nähe des offenen Herdfeuers zu geraten.
Diese Konstruktion scheint beliebt gewesen zu sein, man findet sie auch in anderen Häusern.
Wir schmunzeln über das Töpfchen.
Die bemalte Truhe war ein wichtiger Teil der Brautaussteuer.

 

Backstube

 

An der Wand steht der grosse Trog, in dem der Brotteig geknetet wurde. In den Strohschüsseln konnte der Teig in Ruhe aufgehen. Der „Wedel“ diente zum Befeuchten des Brotes während des Backens.

 

Bauernanwesen von Anfang des 20. Jh.

 

Fortgeschrittenere Kinder, die „unfallfrei“ im Kreis herumtapsen konnten, durften danach an einem Rahmen mit Rädern im Wohnzimmer herumlaufen.

Unter dem Holzboden in der Stube wurden die Kartoffeln gelagert und so vor Frost geschützt.

 

„Gehen“ Lektion 2

 

 

Haus eines Kleinbauern von 1868

 

Die Familie des Schafhirten konnte sich lediglich eine Hütte mit einem Boden aus gestampftem Lehm leisten.

 

Hütte des Holzfällers und Hirten von 1833

 

Der rekonstruierte Brennofen für Töpferwaren von 1918 ist beeindruckend. Um den Ofen optimal zu nutzen, brannten hier mehrere Töpfer gemeinsam ihre Rohlinge, bis zu 3600 Stück fanden Platz. Der Prozess dauert ca. 11 Stunden, dabei wurden 4 m³ Holz verbrannt.

 

Imposanter Brennofen in Orava

 

Natürlich fehlte auch die Dorfschule nicht …

 

Schulstube in Orava aus dem Jahre 1752

 

… und was wäre ein Dorf ohne Kirche?

 

Kirche von Orava aus dem 15 Jh.

 

Die Kirche ist der Heiligen Elisabeth geweiht und mit Blumenornamenten bemalt. Die Barockorgel auf der Empore ist immer noch spielbar.

Wir tauchen wieder auf aus der guten alten Zeit und überlegen uns bei einem deftigen Gulasch in der Gaststätte, wie wir das Laufen lernen konnten, ohne die Gehhilfen, die wir hier gesehen haben.

Morgen soll das Wetter nochmals regnerisch sein. Wir beschliessen deshalb weiter zu fahren und später für eine Wanderung in die West-Tatra zurückzukehren.

 

Blick auf den Liptovská Mara (Liptauer Stausee)

 

In Liptovský Trnovec fahren wir auf den Campingplatz am Liptovská Mara.

Link zur heutigen Strecke:

 

 

Wellnessen in Liptovský Mikuláš

27. bis 29. Juni 2018

Die Wetterprognosen verheissen weiterhin nichts Gutes. Im Internet suchen wir nach einem netten Hotel in der Nähe, um das schlechte Wetter dort auszusitzen. Die Bewertungen und die Bilder des Viersterne-Hotels Jánošík in Liptovský Mikuláš gefallen uns gut. Wir buchen also ein Zimmer. Als wir aber dort ankommen, sind wir sehr enttäuscht. Ein unpersönlicher, hässlicher Häuserblock steht da vor uns.

 

Hotel Jánošík in Liptovský Mikuláš

 

Von innen sieht es jedoch viel ansprechender aus. Da wir ja drinnen wohnen, bleiben wir trotzdem drei Tage hier. Wir geniessen die Saunas und das Dampfbad sowie den Blick auf den Fluss Waag.

 

Dekorativ hergerichtetes Bett

 

Am Donnerstag besichtigen wir die ehemalige Synagoge in Liptovský Mikuláš, die zu den grössten der Slowakei zählte. Sie wurde 1906 in der heutigen Form erbaut.

 

Synagoge von Liptovský Mikuláš

 

Die Repressalien im 2. Weltkrieg führten zum Untergang der gesamten jüdischen Bevölkerung in Liptovský Mikuláš. Während der Zeit des Kommunismus wurde die Synagoge als Lagerraum missbraucht. Dies verursachte grobe Beschädigungen im Gotteshaus. Die wertvollen Jugendstil-Glasfenster konnten demontiert und gerettet werden.

 

 

Die Synagoge ist sehr heruntergekommen. Hoffentlich bringt man das Geld zusammen, um diesen einst wunderschönen Sakralbau zu renovieren.

Unser Hunger nach religiösen Kultstätten ist noch nicht gestillt. Wir fahren deshalb nach Svätý Kríž.
Der Weg führt durch landwirtschaftlich genutztes Land. Aus den kleinen Feldern und Äcker, schliessen wir, dass hier Kleinbauern ihren Lebensunterhalt erarbeiten. Diese Hypothese stützt die Art der Heutrocknung. Arbeitsaufwändig werden Heinzen auf der Wiese aufgestellt und das Gras von Hand daran aufgehängt.

 

Heinzen

 

Während der Gegenreformation war es den evangelischen Christen nicht gestattet eigene Gotteshäuser zu bauen. Kaiser Leopold I. erliess jedoch 1681 die sogenannten „Artikularien“. Nach denen durften einige wenige reformierte Kirchen errichtet werden, aber nur unter strengen Auflagen: die Bauten durften nur aus Holz bestehen, ohne steinerne Fundamente und ohne die Verwendung metallischer Halterungen. Sie durften keinen Glockenturm haben, mussten ausserhalb von Ortschaften und an Nebenstrassen stehen und innerhalb von 12 Monaten fertiggestellt werden.

Die Artikular-Kirche von Paludza wurde vor der Überflutung durch den Stausee gerettet und in Svätý Kríž wieder aufgebaut.
Sie stammt aus dem Jahre 1773/74 und wurde innert 8 Monaten unter der Anleitung des Zimmermanns Joseph Lang aufgerichtet. Dieser konnte zwar weder schreiben noch lesen, war aber ein begnadeter Handwerker. Die Kirche hat den Grundriss eines Kreuzes mit einer Länge von 43 m. Sie bietet Platz für 6000 Menschen!
Der Innenraum der Kirche vermittelt durch das Holz und die abgerundeten Formen von Decke und Fenstern ein heimeliges Gefühl. Er ist dekoriert mit wunderschönen Gemälden von biblischen Szenen und himmlischen Musikern. Aber auch Edelleute und gewöhnliches Volk werden dargestellt.

Leider ist das Fotografieren im Innern verboten.
Einige wenige Bilder findest du unter: www.slovakia.travel/de/svaety-kriz

 

Artikular-Kirche von Svätý Kríž

 

 

 

 

 

 

Link zur Strecke vom 27. Juni 2018:

Link zur Strecke zur Holzkirche von Svätý Kríž:

 

 

Auf Reisen trifft man sonderbare Dinge an!

30. Juni 2018

Wir nutzen den sonnigen Tag für einen Ausflug ins Demänova-Tal.
Was trifft man da unterwegs nicht alles an, wenn man die Augen offenhält!

Eine überdimensionierte Kuh, aus Brettern zusammengeschraubt, wirbt für das kleine Café in Demänova.

 

Die Kuh von Demänova

 

Oder einen Hirsch, dem gar mit dem Jägermeister gedroht wird.

 

„Hirschlein nimm dich wohl in Acht …“ ♪♫♪♫

 

In Demänovská Dolina besuchen wir die Eishöhle. Leider darf man in der Höhle nur fotografieren, wenn man € 10.00 bezahlt!! Wir beugen uns der Abzocke nicht und verzichten auf Bilder aus der Unterwelt.
Hier zum Trost eines, das das Demänovská -Tal vom Kassenhäuschen aus zeigt.

Die Führung wird nur in slowakischer Sprache angeboten, aber es gibt einen Info-Zettel u.a. in Deutsch. Diesem entnehmen wir, dass hier viele Höhlenbärenknochen gefunden wurden. Man hielt sie für Drachenknochen und nannte die Höhle ursprünglich Dračia jaskyňa (Drachenhöhle). Der junge, engagierte Guide gestaltet den Rundgang sehr abwechslungsreich, indem er geschickt die Beleuchtung variiert oder passende Musik erklingen lässt.
Der Teil, der tatsächlich mit Eis bedeckt ist, bildet den Abschluss. Die eisigen Stalaktiten und Stalagmiten sehen märchenhaft aus.

 

Demänova-Tal

 

Danach fahren wir weiter ins Demänova-Tal. Dort wird gebaut, was das Zeug hält. In Demänovska Dolina sieht es sehr schlimm aus. Das Skigebiet soll hier wohl in eine lukrativere Zukunft geführt werden.
Der Pestwurz lässt sich dadurch nicht stören und blüht am Wegrand still vor sich hin.

 

Pestwurz (Petasites hybridus )

 

Wir parken auf einer der Baustellen und spazieren um den lauschigen Waldsee.

 

Waldsee von Demänovska Dolina

 

Morgen ist wieder sonniges Wetter mit einigen Wolken angesagt; ideal zum Wandern. Wir fahren deshalb zurück in die West-Tatra.

Die Werbung für das Hotel Riverside finden wir sehr originell. Da uns aber das Risiko im Schlaf ins Wasser zu fallen zu gross ist, fahren wir weiter.

 

 

Auch in folgendem Haus fragen wir nicht nach einem Übernachtungsplatz. Wir wollen auch nicht auf die Zimmerdecke hinunterfallen!

 

 

Erst auf dem Parkplatz der West-Tatra Luftseilbahn von Roháce fühlen wir uns wohl und parken unseren NOBIS direkt vor einem gedeckten Picknicktisch.

Link zur heutigen Strecke:

 

 

Auf dem Brestová ist Endstation!

1. Juli 2018

Obwohl das Wetter nur mässig ist, fahren wir mit der Gondelbahn bis zur Bergstation. Nach einem kurzen Irrweg finden wir den richtigen Einstieg und marschieren die 280 Höhenmeter hinauf zum Grat des Predný Salatìn.

 

Predný Salatìn Hrebeň

 

Die Wolken haben sich gelichtet. Vielleicht können wir den Salatìn (2048 m ü. M.) doch noch besteigen?

 

 

Zügig schreiten wir voran. Doch aus dem Tal steigt der Nebel unaufhaltsam höher und setzt sich an den Gipfeln fest.

 

 

Und auf dem Brestová bleibt uns nur noch ein sehnsüchtiger Blick Richtung Wanderziel.

 

 

Wir sind vernünftig, gehen kein unnötiges Risiko ein und nehmen den Abstieg unter die Füsse.

 

Abstieg vom Brestová

 

Nach dreieinhalb Stunden Marschzeit, die letzten Meter im Nieselregen, kommen wir unten an.
Im NOBIS trinken wir etwas Heisses … und schon regnet es kräftig. Glück gehabt!

Vielleicht ist das Wetter auf der Südseite der Niederen Tatra besser? Optimistisch fahren wir schon mal nach Krupová, damit wir morgen bereit sind, falls uns der Wettergott den seit Tagen angekündigten Sonnenschein bescheren sollte.

Link zur Wanderung auf den Brestová: Da auf „google maps“ ein Teil des Weges fehlt, oder sehr ungenau eingezeichnet ist, haben wir dort eine ungefähre Strecke in die Karte gezeichnet.

Link zur heutigen Strecke: