Vom Campingplatz im Tessin nach Italien ins Kloster
5. Juni 2016
Wir umfahren den Lago di Lugano auf der italienischen Seite. Und später das Nordende des Lago di Como.
Unterwegs entdecken wir einen kleinen Olivenhain. Mit viel Aufwand wurde der steile Abhang mit schönen Natursteinmauern terrassiert. Hier steht eindeutig die Ästhetik vor der Rendite.
Kurz hinter Colico Piano fahren wir nach Abbazia di Piona, einer Zisterzienser-Abtei, die malerisch auf einer Landzunge liegt.
Hier wollen wir über Nacht bleiben.
Die Sonne hat sich hinter Wolken versteckt. Trotzdem spazieren wir noch vor dem Abendessen durch den öffentlichen Teil des Klosters.
Vom See ins Gebirge
6. Juni 2016
Die Sonne weckt uns am Morgen und wir geniessen den Ausblick über den Lago di Como.
Dann fahren wir auf der Ostseite ein Stück weiter dem Comersee entlang.
Die Strecke ist wunderschön, doch wir wollen nicht nach Sizilien, sondern nach Slowenien. Deshalb biegen wir in Bellano ostwärts ins Gebirge ab.
Auf dem Passo di Zambla ist unsere Fahrt für heute zu Ende.
Catedrale Vegetale
7. Juni 2016
Nach einer ruhigen Nacht frühstücken wir gemütlich, als ein Polizeiauto auf den Platz fährt. Zwei Beamte machen sich bereit zur Fahrzeugkontrolle. Das erste „Opfer“ ist ein ca. 80 jähriger Mann.
Danach halten sie einen Wagen an, in dem offensichtlich ein Einheimischer sitzt. Während sich die Polizisten um die Papiere kümmern, plaudert der Kontrollierte laut mit dem Bauern, der eben nach seinen Kühe auf der benachbarten Weide schaut.
Nach diesen zwei überprüften Fahrzeugen ist es 9:00 Uhr, Zeit für einen Kaffee, und die Beamten ziehen wieder ab.
Gestern sind wir an Tafeln mit der Aufschrift „Catedrale Vegetale“ vorbeigekommen. Diese wollen wir uns ansehen und fahren deshalb nochmals ein Stück zurück, immer den Wegweisern nach.
Alles ist wunderbar angeschrieben und wir folgen den Schildern. Die Strasse wird immer enger und immer steiler, bis sie auf einer Alp oberhalb der Baumgrenze endet.
Doch keine Kathedrale ist in Sicht.
Ein Wanderer klärt uns auf: Wir seien an ihr vorbeigefahren. Sie sei halt von unten nicht zu sehen.
Also rechtsumkehrt, die Serpentinen wieder hinunter und siehe da, wieder im Wald sehen wir rechts, zufällig und nur für wenige Sekunden, aufgestellte Baumstämme. Wir fahren wieder zurück auf einen kleinen, unscheinbaren Parkplatz.
Und wirklich, jetzt sind wir richtig. An der Strasse fehlt der letzte Wegweiser, der uns Suchende von der Strasse wegführt.
Das Kunstwerk wurde 2008/09 von Giuliano Mauri (1938-2009) nach alten Plänen gotischer Kathedralen erbaut.
Es ist mehr als 15 m hoch, 28,5 m lang und 24 m breit. In jeder der 42 Säulen von 1,5 m Durchmesser wurde eine junge Buche gepflanzt.
Im Laufe der Zeit und mit dem Wachstum der Bäume soll eine neue Kathedrale mit der Erde als Boden und dem offenen Himmel als Dach entstehen.
Nun geht es wieder zurück über den Passo di Zambla nach Angolo Terme.
Dort spazieren wir durch den Park der Thermalquelle. Er war wohl einmal ganz hübsch, scheint jetzt aber nur noch wenig unterhalten zu werden.
In einem Gehege watscheln einige Enten herum. Eine von ihnen trägt eine Haube aus Flaumfedern. Für uns der Höhepunkt dieses Parkes.
Beim nahen Lago Moro stellen wir unseren NOBIS auf einen ruhigen Parkplatz. Auf dem Spaziergang um den See wandern wir an einem kleinen, im Fels angelegten Gärtchen vorbei und erfreuen uns an den Blüten von Feigenkaktus und Hottentottenfeigen.
Ein unbekannter „Künstler“ hat die hässlichen Kästen der Gasanschlüsse bei den Häusern und einige Verkehrstafeln auf dem Weg zum See verziert.
Wir finden’s witzig!
Link zur Wanderung um den Lago Moro: Da auf “google maps” ein Teil des Weges fehlt, haben wir dort eine ungefähre Strecke in die Karte gezeichnet.
Von Obstplantagen und heisser Schokolade
8. Juni 2016
Am frühen Morgen dringen die ersten Sonnenstrahlen ins Tal. Ihr schwaches Licht lässt die Hügel dezent blau erscheinen.
Das Etschtal wird von Obstkulturen geprägt. Viele der Niederstammbäume sind mit Netzen abgedeckt. In riesigen eingezäunten Arealen warten grosse Kunststoffkisten auf die nächste Ernte.
In Ruffrè Mendola fahren wir zuerst auf den Parkplatz im Dorf. Weiter unten sehen wir zwei schön angelegte Teiche. Dort wollen wir unser Glück versuchen.
Und wirklich, ein Kiesplatz (noch?) ohne „no camping“ Schild lädt zum Übernachten ein.
Er gehört wohl zum Restaurant, das letzte Woche erst eröffnet wurde. Wir gönnen uns zwei leckere „Cioccolate calde“.
Nach Völs am Schlern
9. Juni 2016
Hinter dem Passo della Mendola herrscht trübes Regenwetter.
Auf halbem Weg ins Tal fahren wir an einen Unfall. Zwei Motorradfahrer sind kollidiert und gestürzt. Der eine hat nur ein verstauchtes Handgelenk, der andere wurde bereits in stabile Seitenlage gebracht. Er blutet aus dem Mund, ist aber ansprechbar und bei klarem Bewusstsein.
Wir übernehmen das Regeln des Verkehrs.
Die Ambulanz trifft ca. zehn Minuten später ein, kurze Zeit danach folgt die Polizei. Es gibt Unstimmigkeiten bezüglich des Unfallhergangs, beide wollen bergaufwärts gefahren sein.
Wir werden nun nicht mehr gebraucht und setzen unsere Reise fort.
Die Nacht verbringen wir in Völs am Schlern.
In die Dolomiten
10. Juni 2016
Am Morgen kaufen wir im malerischen Völs am Schlern ein. Hier scheint die Welt noch in Ordnung. Jeder grüsst jeden. Es gibt kleine Läden und wir kaufen beim Dorfmetzger, im Gemüselädeli und in einem Geschäft ein, das von zwei alten Frauen geführt wird.
In dieser Gegend leben viele Holzbildhauer, die ihre Produkte (das übliche halt, was man so kennt) verkaufen wollen. Bei einem kommen wir aber nicht ohne Fotografieren vorbei. Erich Perathoner vom Stroblhof arbeitet mit Holz und Metall.
Hier zwei Skulpturen, die vor seinem Atelier stehen.
Uns fällt auf, dass in dieser Gegend alle Strassenschilder dreisprachig gehalten sind: Italienisch, Deutsch und ein uns unbekanntes Idiom.
In Santa Christina fragen wir einen Verkäufer. Er erklärt uns gestenreich, dass wir hier halt in Italien seien und darum alles auch italienisch angeschrieben werden müsse, obwohl in dieser Gegend kein Mensch italienisch spreche.
Die dritte Sprache sei Ladin und mit dem Rätoromanischen in der Schweiz verwandt.
Etwas oberhalb von Santa Christina, vor dem Wasserfall hängt ein Bergsteiger am Fels. Der Bildhauer Ugo Demetz schuf einen Kletterer beim Abseilen mit der klassischen Technik.
Aber nicht nur Skulpturen, auch Blumen sind sehenswert. Selbst der allen bekannte Wiesenkerbel ist, wenn man ihn genauer betrachtet, ein Kunstwerk.
Weiter fahren wir über den Passo Sella, den Passo Pordoio und den Passo Falzarego.
Die schroffen Gipfel der Dolomiten sind … WOW!! … uns fehlen die Worte. Deshalb lassen wir Bilder sprechen:
In der Nähe von Cortina d’Ampezzo finden wir in Chiapuzza einen ruhigen Platz. Unsere Köpfe sind voller Eindrücke und Bilder.
Regentag, Tag der Regenerierung
11. Juni 2016
Heute ist das Wetter sehr stabil. Es regnet von früh bis spät.
Wir bleiben in der Region und fahren nach Cortina d’Ampezzo zum Einkaufen. Beat kann sich in einer Bar das Spiel der Fussball-EM Schweiz – Albanien ansehen. Die Schweiz gewinnt 1:0 und der Dauerregen scheint ihm danach nur noch halb so nass wie vorher.
Cortina d’Ampezzo
12. Juni 2016
Gegen Morgen lassen die Niederschläge nach.
Beat ist früh auf den Beinen und so kann er noch vor 6:00 Uhr beobachten, wie die Sonne den 3168 Meter hohen Monte Pelmo beleuchtet, der sich hinter dem dunklen Nadelwald erhebt.
Aber nicht nur grosse Berge sind eindrücklich, auch kleinere Exemplare haben ihren Reiz, besonders wenn sie aus einem Gewässer ragen.
Den Morgen verbringen wir in Cortina d’Ampezzo, wo es so einiges zu sehen gibt, wenn man genau hinschaut.
Danach fahren wir zum Lago Misurina.
Annette wandert um den Monte Popena. Beat hat Knieschmerzen und begnügt sich mit einem Spaziergang um den See.
Der Himmel verdüstert sich zunehmend und es beginnt wieder zu regnen.
Auf der Weiterfahrt entdeckt Annette einige Pilze am Strassenrand. Für uns beinahe schon ein Grund, eine Vollbremsung einzuleiten.
Wir kennen die Pilze nicht. Das Bestimmungsbuch sagt uns, dass es Kuhröhrlinge sein könnten.
Wir sind aber nicht ganz sicher.
Wir lesen, dass bei Kuhröhrlingen keine Verwechslungsgefahr mit Giftpilzen besteht, deshalb pflücken wir trotzdem ein gutes Kilogramm davon.
Unsere Pilzsaison ist eröffnet!!!
In Santo Stefano di Cadore bleiben wir bei einem grossen Kinderspielplatz mit Picknickplätzen.
Zum Znacht kochen wir unsere heutige Ernte. Kuhröhrlinge sollen sich beim Kochen lila verfärben, sagt unser Buch.
Unsere Pilze tun das nicht!
Was nun?
Wir essen trotzdem zwei riesige Portionen von diesen wohlschmeckenden, leicht schleimigen Pilzen mit Trockenreis und Salat.
Ob wir morgen wohl noch leben?
Link zur Wanderung um den Monte Popena und zum Spaziergang um den Lago Misurina: Da auf “google maps” ein Teil des Weges fehlt, haben wir dort eine ungefähre Strecke in die Karte gezeichnet.
Hurra, wir leben noch!
13. Juni 2016
Wir haben eine ruhige Nacht verbracht. Pilze sind ja schwer verdaulich, doch unsere „Kuhröhrlinge“ waren bekömmlicher als viele, die wir früher gegessen haben. Schade, dass wir immer noch nicht wissen, um welche Art es sich da gehandelt hat.
Wir wollen nach Slowenien. Dazu fahren wir über den Sella Nevea. Es regnet ständig und die meisten Hotels auf dem Pass scheinen ihre beste Zeit längst hinter sich zu haben.
Die Stimmung ist trostlos.
Kurz vor der slowenischen Grenze übernachten wir gratis auf italienischem Boden, am Lago di Predil. Ab übermorgen wird hier die Nacht 12 Euros kosten, da die Saison beginnt.
Annette entdeckt auf einem Spaziergang Frauenschuhe. Nein, nicht solche zum Anziehen! Solche zum Bestaunen!
Liebe Annette, lieber Beat,
„Ob wir morgen wohl noch leben?“, also so geht das nicht. Ihr könnt doch nicht einfach so fahrlässigerweise ableben! Wir müssen doch wohl sehr bitten! Wer sollte uns dann die wahre Bedeutung des Begriffs „sehr stabiles Wetter“ vermitteln? Oder die Wirkung eines Fußballergebnisses auf Nässe?
Also, wir wünschen euch weiterhin eine spannende Reise und dass sich euch weiterhin möglichst viel Kunst „in den Weg stellt“ (wie passend kommentiert).
Und selbstverständlich wünschen wir uns, dass es euch so ergeht und dass ihr uns weiterhin regelmäßig die Welt im Allgemeinen und Wetterphänomene im Besonderen erklärt.
Krim und Reinhard
Liebe Krim, lieber Reinhard,
also unter DEM Aspekt haben wir das noch nie betrachtet, aber da werden wir uns wohl nicht aus der Verantwortung stehlen können. Zur Zeit erfreuen wir uns bester Gesundheit, wenn auch Beat ziemlich unter der Hitze hier im Süden Sloweniens leidet, gestern kletterte das Thermometer auf beinahe 38°C!! Könnt ihr euch das vorstellen? Eure wunderschönen Bilder von Kunstwerken aus Schnee und Krim in der dicken Daunenjacke lassen Zweifel daran aufkommen. Wollen wir einen Austausch beantragen?
Liebe Grüsse
Annette und Beat
Liebe Annette und Beat
wir staunen immer wieder über eure sehr interessanten Bilder und Ausführungen, ihr findet einfach alles was speziell ist. Herzlichen Dank und erlebnisreiche Weiterfahrt wünschen Heidi u Leo
Liebe Heidi, lieber Leo
Es ist wirklich unglaublich was es in Europa alles zu entdecken gibt. Wir sind selber gespannt, was uns auf unserer Weiterreise noch alles begegnen wird.
Wir wünschen euch einen schönen Sommer.
Beat und Annette
Hihi, und ich hab gestern neue Frauenschuhe gekauft – FrauenWANDERschuhe, für unsere Rheinwanderung. Bestaunen lassen sie sich auch.
Ich staune derweil über die viele Kunst, die sich euch in den Weg stellt. Insbesondere die Baumkathedrale.
Danke für den Bericht und gute Weiterreise!
Zum Glück hast du dir schon Schuhe gekauft. Wir hätten dir das abgebildete Paar nicht bringen können, die sind nämlich geschützt. 😉
Wir staunen selber, wie vielen Kunstwerken wir begegnen, meist ohne sie zu suchen.
Wir wünschen euch eine schöne Rheinwanderung.
Beat und Annette