Leider keine Papageientaucher, dafür ein leckeres Pilzgericht
24. Juli 2015
Beat steht am Morgen früh auf, um nochmals Papageientaucher zu fotografieren. Doch diese sind entweder noch am Schlafen in ihren Höhlen oder bereits wieder aufs Meer hinausgeflogen. Kein einziger lässt sich blicken. Schade!
Dafür leuchten die zwei Stacks of Duncansby vor der Küste in der Morgensonne.
Auf einem Felsvorsprung in den Klippen präsentiert sich ein frisch geschlüpftes Küken eines Eissturmvogels. Interessant an diesen Vögeln ist das „Röhrchen“, das sie auf dem Schabel tragen. Dadurch besprayen sie Angreifer mit einer stinkenden Flüssigkeit, die zudem die Fettschicht auf dem Gefieder zersetzt.
Kleider, die von diesem galleartigen Sekret getroffen werden, kann man wegwerfen, da sich der Gestank auch durch mehrmaliges Waschen kaum entfernen lässt.
Leider ist nicht viel Zeit, denn bereits um 09:30 Uhr legt die Fähre in Gill´s Bay ab.
Nach einer guten Stunde legen wir in St. Margaret´s Hope auf der Insel South Ronaldsay an. Diese gehört zu den Orkney-Inseln.
Ein kleiner Spaziergang durch das schmucklose Dorf zeigt zweierlei. Einerseits bemüht man sich mit Blumen etwas Farbe zwischen die rötlichen Natursteinmauern der Häuser zu bringen,
andererseits steht da auch das Haus eines Menschen, der viel zu sammeln und nichts wegzuwerfen hat. Wir bezweifeln, dass im Haus noch genügend Platz zum Leben ist.
Auf der Fahrt zur Windwick-Bay entdecken wir eine Telefonkabine, in „the middle of nowhere“. Weit und breit ist kein Haus zu sehen, doch das Telefon ist noch in Betrieb.
Von der Windwick-Bay aus wandern wir oberhalb der Klippen nordwärts. Der Wanderweg ist eher schwierig zu begehen, zum Teil zugewachsen oder er führt über nassen Moorboden. Nach einer Stunde kehren wir um.
Hier das Bild einer Trouvaille vom Wegrand. Die vielen Flechten zeigen, dass die Luft hier sehr sauber ist.
Am Abend finden wir in der Nähe von Hoxa einen traumhaften Übernachtungsplatz. Das Wetter stimmt, die Sonne scheint und es weht ein mildes Lüftchen. Wir beschliessen auf dem Sandstrand direkt am Meer zu essen.
Wir geniessen die letzten, selbstgesammelten Pfifferlinge.
Wem das Bild oben den Appetit weckt, hier das Rezept für 2-3 Pers:
– 1 Zwiebel feingehackt
– 150 g Speckwürfeli
– 200 g Erbsen tiefgekühlt
– 600 g Pfifferlinge
– Salz, Pfeffer
– Petersilie
– 200 g Orecchiette
– evtl. ein wenig Sahne
Die gehackte Zwiebel mit dem Speck anbraten, Erbsen hinzufügen, ca. 5 Min. dünsten.
Pfifferlinge dazu geben, ca. 5 Min. köcheln lassen, mit Salz, Pfeffer und Petersilie würzen.
Mit den al dente gekochten Orecchiette mischen, evtl. mit wenig Sahne verfeinern.
Nach dem Essen, bei der Nachspeise (Flan caramel) hat die Bucht für uns ein weiteres Dessert bereit. Die Köpfe zweier Kegelrobben tauchen immer wieder aus dem Wasser auf. Sie schauen jeweils aufmerksam herum und verschwinden dann wieder im Meer. Leider gesellen sie sich nicht zu uns.
Link zur Küstenwanderung ab der Windwick-Bay: Da auf “google maps” ein Teil des Weges fehlt, haben wir dort eine ungefähre Strecke in die Karte gezeichnet.
Heute gibt’s Kultur
25. Juli 2015
Unterwegs grüsst uns eine „lachende“ Schottlandfahne. Wir halten an und ein Mann nähert sich. Freundlich erklärt er, dass er einen Stellplatz für Wohnmobile führe. Wir dürften hier aber gratis parken. Geld ziehe er nur für Übernachtungen ein.
Auf Lamb Holm steht die bekannte Italian Chappel.
Diese wurde von 1943 bis 1945 von italienischen Kriegsgefangenen gebaut. Ihnen wurden dazu zwei halbrunde Baracken zur Verfügung gestellt. Die Materialien stammen zum Teil aus Abfällen und Strandgut. Der Altar und das Weihwasserbecken wurden aus Beton geformt.
Erstaunlich, was diese Gefangenen aus dem unscheinbaren Gebäude gemacht haben.
Domenico Chiochetti bemalte die Kapelle innen auf originelle Weise. Selbst wenn man darin steht, muss man sehr genau hinschauen, um zu sehen, dass die Steine im Gewölbe und im Sockelbereich nicht echt sind.
Das Altarbild gestaltete D. Chiochetti nach einem Gemälde von Nicolo Barabino. Die Vorlage stammte von einem kleinen Heiligenbild, das ihm seine Mutter in den Krieg mitgegeben hatte.
In der Kapelle laufen die Vorbereitungen für eine Hochzeit. In einer halben Stunde beginnt die Trauung. Der Küster lädt uns ein von den hinteren Bänken aus der Feier beizuwohnen.
Wir würden uns dabei aber deplatziert vorkommen, deshalb verzichten wir und überlassen den Platz der Festgemeinde.
Auf einer Wiese stehen Heurollen herum und warten auf ihre Endverpackung. Uns gefallen sie so besser als in Plastikfolie eingewickelt.
Kurz vor Stromness sehen wir die Wegweiser nach Ring of Stenness, Ring of Brodgar, Ness of Brodgar und Skara Brae. Diese Kulturgüter aus der Jungsteinzeit zählen zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Staunend stehen wir vor den riesigen, aufgestellten Steinplatten. Unglaublich, dass Menschen diese vor 4500 Jahren aufgerichtet und so gut eingegraben haben, dass heute noch viele davon stehen.
Der Ring of Brodgar wurde ca. 2500 Jahre vor Christus errichtet, also rund 500 Jahre vor dem viel berühmteren Stonehenge und kurz nach der Errichtung der grossen Cheopspyramide in Ägypten.
Wozu diese Steinkreise gebaut wurden, ist bis heute nicht klar. Man vermutet, dass sie rituellen Zwecken dienten.
In der Nähe von Skara Brae bleiben wir über Nacht. Die Ausgrabungsstätte wollen wir uns morgen ansehen.
Annette kommt mit Marlene, einer Frau aus Yorkshire ins Gespräch. Diese schwärmt von den Shetland-Inseln, die sie seit Jahren bereise. Als sie hört, dass wir viel Zeit haben, schenkt sie uns kurz entschlossen ihre Strassenkarten von den Inseln. Sie brauche diese nicht mehr, da sie dort jeden Winkel kenne.
Skara Brae
26. Juli 2015
Die alte Siedlung von Skara Brae war ab ca. 3100 v. Ch. während rund 600 Jahren bewohnt. Die runden Häuser wurden von Sanddünen zugedeckt und blieben deshalb lange unentdeckt und gut erhalten. Erst etwa 1850 tauchen nach einem heftigen Sturm erste Fundstücke auf.
Von Archäologen wird Skara Brae als die am besten erhaltene Siedlung der Jungsteinzeit in Europa angesehen. 1999 wurde sie zum UNESCO – Weltkulturerbe erklärt.
Eine Tafel zeigt den „Stadtplan“ dieses Dorfes.
Eines der Häuser wurde komplett nachgebaut. Es besteht aus einem einzigen Raum mit zwei Schlafstätten.
In dem runden Bau aus Schiefersteinen steht in der Mitte ein Herd. Die Bettstellen sind mit Steinen eingefasst. Sogar ein Steintisch und Ablagen in den Wänden fehlen nicht.
Die Schafe interessiert das alles nicht. Wichtig ist nur, dass es genug Gras gibt.
Wir fahren zuerst nach Stromness, wo wir uns über die Fährverbindungen informieren und danach nach Birsay. Dort stellen wir unseren NOBIS so, dass wir die Sicht aufs Meer geniessen können.
Der Weg zur Insel Brough of Birsay ist momentan überflutet, bei Niedrigwasser aber während rund vier Stunden begehbar.
Brough of Birsay
27. Juli 2015
Kurz nach zehn Uhr spazieren wir trockenen Fusses auf die Insel Brough of Birsay. Der Übergang ist betoniert und liegt bei Hochwasser unter dem Meeresspiegel.
An den Kanten der Klippen lassen sich die Möwen vom Wind tragen. Sie gleiten im Abstand von wenigen Metern an uns vorbei.
Der Fels besteht aus Sedimentgestein. Die Schichtung ist an den Kanten schön zu sehen. Man erkennt auch, wie das weichere Gestein schneller erodiert.
Tief unter uns holt ein Fischer vom Boot aus Hummer und Krebse aus den Fallen, die er gestern gesetzt hat.
In eine enge Bucht kann man hinunterkraxeln. Dort entdeckten wir den kuriosen Stein mit dem Fischgesicht.
Nach der Umrundung dieser kleinen Insel kehren wir rechtzeitig zurück. So bleibt noch Zeit die Schönheit des Seetangs zu bewundern, der bald wieder im Meer verschwinden wird.
Am Kiesstrand hat ein Mädchen dieses harmonische Steinmännchen gebaut.
Wir bleiben nochmals eine Nacht an diesem schönen Platz und können am Abend zwei Robben beobachten, die in der Bucht herumschwimmen.
Link zur Wanderung Brough of Birsay: Da auf “google maps” der Weg fehlt, haben wir eine ungefähre Strecke in die Karte gezeichnet.
Heute keine Fahrt auf die Shetland-Inseln!
28. Juli 2015
In Kirkwall wollen wir bei Northlink Ferries eine Fahrkarte für die Fähre nach Lerwick auf den Shetland-Inseln kaufen. Doch heute Abend hat es keinen Platz mehr für unseren NOBIS und ohne NOBIS gehen wir nirgendwohin! Deshalb buchen wir für übermorgen.
Wir spazieren kurz durch die Einkaufsstrasse, dann haben wir schon wieder genug von der „grossen Stadt“ und fahren nach Hobbister.
Rerwick Head und Mull Head
29. Juli 2015
Am Morgen ist es draussen garstig nasskalt. Das Thermometer zeigt nur unwesentlich über 10° C.
Wir fahren zum Rerwick Head. Die verfallenden Betonbauten, wahrscheinlich Verteidigungsanlagen aus dem 2. Weltkrieg, lassen wir links liegen. Dafür kraxeln wir mit viel Begeisterung auf den Felsplatten herum und beobachten das vielfältige Leben in den kleinen Tümpeln zwischen den Felsen. Jeder eine Welt für sich.
Das Wetter ist extrem wechselhaft, Regen-Sonne-Schauer, was bleibt, ist der kräftige, kalte Wind.
Es ist verblüffend, den Seeanemonen (die übrigens zu den Tieren zählen) im Wellenspiel zuzuschauen. Im Wasser strecken sie ihre Arme strahlenförmig aus. Sobald sich die Welle zurückzieht und die Anemonen aus dem Wasser ragen, stülpen sie die Tentakel ein oder legen sie so an, dass ein leuchtendrotes, glänzendes, wabbeliges Ding auf dem Stein liegt.
Nachdem wir uns sattgesehen haben, fahren wir zum Mull Head.
Am Mull Head wandern wir etwa zwei Stunden der Küste entlang und geniessen die raren Sonnenstrahlen und den Blick über bizarre Felsen auf das tiefblaue Meer.
Link zur Wanderung am Mull Head: Da auf “google maps” der Weg fehlt, haben wir eine ungefähre Strecke in die Karte gezeichnet.
Nachtfähre: Kirkwall – Lerwick
30. Juli 2015
Das Wetter ist heute beständiger und es ist merklich wärmer geworden. (Anmerkung für Sommerfans, wir sprechen hier von 15° C! … immerhin im Plusbereich 🙂 )
Wir finden heraus, dass man in der Busstation von Kirkwall Internetanschluss hat, einen wackligen zwar, aber immerhin. Wir holen unsere Hocker aus dem Wohnmobil und installieren uns am einzigen Tisch in der Wartehalle. Eine Steckdose liefert gleich noch den benötigten Strom, sofern man den passenden Adapter hat. Den haben wir natürlich – gut ausgerüstet wie wir sind – dabei.
Am Abend fahren wir auf den Wideford Hill, einen nahen Hügel, wo wir unser Abendbrot essen. Wir geniessen den Blick über Kirkwall und die vorgelagerten Inseln und Halbinseln.
Wir freuen uns riesig auf die Shetland-Inseln. Die Fähre soll heute um 23:45 Uhr in Kirkwall ablegen und morgen früh um 7:30 Uhr in Lerwick eintreffen.
Es bleibt also noch Zeit in aller Ruhe den Sonnenuntergang zu geniessen, der unsere Vorfreude noch steigert.
Wieder viel Interessantes und Kurioses aus Schottland und den Inseln – wir freuen uns schon auf den nächsten Beitrag und wünschen euch ein bisschen mehr Sonne! Aber bei „unserem heissen Sommerwetter“ hättet ihr wenig Pilze sammeln können – so ist alles für irgendetwas gut! Das feine Rezept werden wir mal ausprobieren. Weiterhin viel Freude auf eurer Insel-Tour!
Das feuchte Wetter hat den Pilzen sicher gut getan, so hat jedes Übel wohl auch sein Gutes. Ausserdem haben wir jetzt eben ein paar schöne, sonnige Tage erlebt, wir beklagen uns also gar nicht über den „poor summer“, wie sie es hier nennen.
Liebe Grüsse nach Ungarn!
Da will ich auch mal hin. Seit Irgendlink vor drei Jahren dort rumgeradelt ist, habe ich Lust darauf.
http://irgendlink.de/2012/05/16/tag-49-orkney-islands/
Klasse Bilder und Texte! Ich reise einfach gerne mit.
Wie auch irgendlink bemerkte: Das Wetter wechselt tatsächlich unheimlich schnell. Hier sagen sie: Wenn dir das Wetter nicht gefällt, komm am Nachmittag wieder….
Die Orkney-Inseln können wir sehr empfehlen, die würden dir bestimmt gefallen.
(((PS: aber warte mal auf den Beitrag über die Shetland-Inseln, vielleicht fährst du danach noch weiter 😉 )))
Schottland hat dann wohl auch Schwedenwetter? 😉
Also … wir hatten letztes Jahr in Schweden viel Sonnenschein und Temperaturen nahe an dreissig Grad. Hier auf den Shetland-Inseln sind wir froh, wenn es mal an einem Tag nicht regnet und wir über 15° C „geniessen“ können.
Ich hatte dieses Jahr in Schweden in meinen 19 Schwedentagen nur etwa 6 Tage keinen Regen und alle sagten: Das ist eben schwedisches Wetter. Das habe ich bisher noch nie erlebt. Eher eben wie ihr letztes Jahr.
Dafür hat Jürgen jetzt Wetterglück. Hoffentlich hält es an.
Gute Weiterreise!
🙂
Ja, wir hatten letztes Jahr auch einen „Jahrhundertsommer“ in Skandinavien.
Hihi, die kommen immer häufiger … 🙂
… also, hier merken wir noch nichts davon 😦
Liebe Annette und Beat
schon wieder so ein interessanter Bericht! Wir freuen uns jedesmal. Herzlichen Dank. Zum Glück hat es heute ein bisschen geregnet, aber morgen solls wieder heiss werden. Weiterhin gute Fahrt und en liebe Gruess – Heidi u Leo
Liebe Heidi und lieber Leo
Wir sind zur Zeit auf den Shetland-Inseln und würden euch gerne etwas von der Wärme abnehmen. In den letzten zwei Wochen war es sehr regnerisch, immer windig und kühl. Heute kletterte das Thermometer hier erstmals auf 19° C. 🙂
Einen nicht mehr ganz so heissen Sommer wünschen euch
Beat und Annette