Zu hoher LKW und zu tiefer Sand
25. März 2015
Uns fällt auf, dass viele Häuser in Albanien sehr gepflegt und oft bunt sind, manche gestrichen, manche mit Mosaiken versehen oder aus Natursteinen erbaut.

Vielleicht gibt es schönere Standorte, doch die Strasse ist (noch) wenig befahren und die Aussicht unverbaubar.
Kurz nach 10 Uhr morgens fragt Annette in Librazhd in einem Internet-Café, ob wir uns mit unserem PC ins Internet einloggen können. Der Angestellte zögert. Er sei nicht der Inhaber und dürfe dies nicht entscheiden. Der Chef komme ….und streckt 5 Finger in die Höhe… Annette fragt: „also in 5 Minuten?“ Nein, meint er, um 5 Uhr Nachmittags. So lange wollen wir nicht warten. Ausgangs Librazhd versuchen wir es in einem Restaurant, mit Erfolg.
Unterwegs erleben wir die Probleme eines griechischen Lastwagenfahrers hautnah mit. Die Lichthöhe der Brücke ist mit 4.70 Meter angegeben und scheint auf der linken Fahrspur leicht höher zu sein. Deshalb wohl wählte der Chauffeur diesen Weg.
Doch auch das nützt nichts. Sein Kollege, der seinen Laster unmittelbar hinter der Brücke so abgestellt hat, dass jeglicher Verkehr blockiert ist, stellt sich auf die Raupe der Baumaschine um die Höhe zu kontrollieren.
Zentimeter für Zentimeter bewegt sich der Tieflader vorwärts und alle schauen gespannt nach oben, doch es fehlen 2 bis 3 cm. Der Chauffeur muss aufgeben und das Gefährt zurücksetzen. Das Problem dürfte für die beiden Fahrer nicht einfach zu lösen sein. Wir sehen auf unserer Strassenkarte keine Alternativroute.
Etwas später lässt uns ein „Fleischer“ am Strassenrand stoppen. Ein halbes Lamm baumelt an einem rostigen Gestell. Das Messer steckt zwischen den Schenkeln. Ob sich der Kunde da selber ein Stück abschneiden darf? Wir jedenfalls verzichten. 😉
Heute wollen wir in Divjakë übernachten. Dort soll es eine schöne Stelle direkt am Meer geben. Wir haben die Koordinaten eingegeben und unser Navi führt uns über immer schlechtere Strassen vorbei an den letzten Häusern in einen Pinienwald. Die Zweige und Brombeerranken reichen in den Pfad hinein. Zum Glück haben wir eine Rebschere dabei und können so die verholzten Äste kürzen. Doch plötzlich bricht die Schere entzwei. Hinter uns stehen zwei Motorradfahrer, die wir blockieren. Darum fahren wir wohl oder übel weiter, was uns zerkratzte Acrylscheiben einbringt.
Wenig später öffnet sich der Wald und wir sehen das offene Meer vor uns. Leider trennt ein flacher Wasserlauf die Fahrspur vom offenen Sandstrand. Wir sind weitab von den letzten Häusern und wagen nicht den Bach zu durchqueren, da wir fürchten steckenzubleiben. So stellen wir unser Gefährt neben den Pfad zwischen die Dünen.
Hier lässt sich auch gut schlafen, trösten wir uns. Aber es ärgert uns schon, dass wir nicht bis ans Meer fahren können. Dort steht einsam, an schönster Stelle, bereits ein Wohnmobil. Wir spazieren zu Fuss dorthin um herauszufinden, ob es vielleicht noch einen anderen Weg gibt.
Als wir uns dem Wohnmobil nähern, schlägt unsere Enttäuschung in Erleichterung um.
Wir haben riesiges Glück gehabt!
Der Renault scheint schon länger hier zu stehen. Er trägt italienische Kennzeichen und steckt bis über die Achsen im Sand. Wir malen uns aus, wie die Besitzer diesen idyllischen Ort ansteuerten und dann im Sand stecken geblieben sind. Wahrscheinlich konnte sie hier, weitab von der Zivilisation, niemand mehr herausziehen und das traurige Ende eines fröhlichen Urlaubs war besiegelt.
Zum Glück blieb uns dieses Schicksal erspart.
In der Nacht weckt uns durchdringendes Geheul. Was mag das wohl sein? Wölfe gibt es in Albanien unseres Wissens nicht. Wir fühlen uns aber in unserem „Heim“ geborgen und schlafen schnell wieder ein.
Von Pelikanen und Wasserbüffeln
26. März 2015
Am Morgen fahren wir wieder zurück. Bei den ersten Häusern überholt uns ein Motorrad und der Fahrer bedeutet uns anzuhalten.
Dorian ist Biologe und Ranger hier im Nationalpark Karavasta. Er lädt uns ein die Pelikane zu beobachten, die es hier gibt. Wir folgen ihm zum Wildhüter-Haus. Dort steigen wir in seinen Range Rover um. Er fährt uns auf eine Landzunge weit in die Lagune hinaus, wo eine Aussichtsplattform steht.
Mit dem Fernglas sehen wir die Pelikane und gleich daneben viele Flamingos. Auch Silberreiher, Graureiher sowie Enten und Blässhühner gibt es zu sehen. In dieser Lagune leben und brüten von Januar bis Juli 70-80 dalmatische Pelikane. Danach ziehen sie in den Norden Albaniens in die Gegend von Shkodër.
Dorians Englisch ist nur rudimentär, aber seine Begeisterung ist ansteckend. Komplexe Erklärungen tippt er auf Albanisch ins Handy ein und lässt Annette die englische Übersetzung lesen.
Der Park wird zwar von der jetzigen Regierung unterstützt und die Ranger erhalten ihren Lohn vom Staat, aber das Parlament wird alle vier Jahre neu gewählt und dann wird jeweils von neuem entschieden wie es mit dem Park weiter geht.
Wir erzählen Dorian von dem nächtlichen Geheul in den Dünen und er klärt uns auf, dass dies Schakale gewesen sind.
Leider sind die brütenden Pelikane zum Fotografieren zu weit entfernt. Doch auch so beeindrucken die grossen Vögel, wenn sie zum Fischen über das Wasser fliegen.
Da wir seine Begeisterung teilen, fährt Dorian uns noch an eine andere Lagune. Hier wurde eine bestehende Insel vergrössert und durch einen langen Holzsteg erschlossen. Sie soll als Brutplatz für viele Wasservögel dienen.
Während des Ausflugs führt unser Guide mehrere Telefonate, in denen er erzählt, dass er Schweizer Touristen herumführe. Er ist offensichtlich stolz auf „seinen“ Naturpark und mit Leib und Seele engagiert.
Wir haben vor der Führung keinen Preis ausgehandelt und sind nun auf einiges gefasst. Doch Dorian meint, das koste nichts. Wenn wir jedoch etwas an die Benzinkosten zahlen wollten, wäre das auch willkommen. Mit unserem Obulus scheint er zufrieden zu sein.
Zum Schluss müssen wir uns auf einem Zettel verewigen (sein Chef habe ihm das aufgetragen), der dann in das offizielle Gästebuch geklebt werde.
Kurz nachdem wir den Nationalpark verlassen haben, treffen wir auf eine Herde Wasserbüffel mit ihrem Hirten.
Er spricht nur albanisch, freut sich aber offensichtlich über unser Interesse. Stolz präsentiert er uns seine Herde. Es ist ihm wichtig, dass wir die halbwilden Tiere streicheln können.
Wir fahren über Fushë nach Krujë. Hier soll es einen alten Bazar geben, den wir uns ansehen wollen. Es ist jedoch bereits Nachmittag und ein grosses Verkehrs-Chaos herrscht in den engen Strassen. Deshalb beschliessen wir weiterzufahren.
Die Strasse ist zum Teil sehr eng, aber frisch asphaltiert. Auf dem Pass werden wir von Baumaschinen gestoppt. Ein grösseres Stück Strasse ist abgerutscht und wird nun wieder neu in den Berghang hinein gebaggert. Ein Mann, der sich mit seinen zwei Söhnen die Baustelle anschaut, erklärt uns, dass die Strasse hier zwar passierbar, unten im Tal jedoch noch nicht ausgebaut und in sehr schlechtem Zustand sei.
Wir beschliessen umzukehren und stellen unser Gefährt für diese Nacht auf eine Aufschüttung neben der Passstrasse.
Krujë
27. März 2015
Am Morgen füllen wir unsere Wasservorräte auf. Eine Röhre führt das köstliche Nass durch die Stützmauer und lässt es dann die Strasse hinunter laufen. Einheimische füllten dort gestern Abend ihren Kanister und versicherten uns, dass dies „gutes Wasser“ sei.
An dieser Strasse treffen wir einen Hirten mit seiner Ziegenherde. Die Ziegen suchen sich ihr Futter in den steilen Felsen an den unmöglichsten Orten. Wir fragen uns, ob er am Abend noch alle Tiere beisammen hat.
In Krujë finden wir einen der begehrten Parkplätze und kaufen im Bazar: Salat, Lauch und frischen Schafskäse, in den ganze Paprikas eingelegt sind. Zum Schluss schenkt uns ein Händler noch drei Äpfel, obwohl wir bei ihm gar nichts eingekauft haben.
Danach spazieren wir zur Burg hoch. Hier ist das Skanderbeg-Museum untergebracht. Fürst Gjergj Skanderbeg ist durch seine Verteidigung Albaniens gegen die Osmanen im 15. Jhd. berühmt geworden und wird heute von vielen als Nationalheld gefeiert.
Wir verzichten jedoch auf einen Besuch, da die Ausstellung nur auf albanisch angeschrieben sein soll.
Wir erfreuen uns an anderen Dingen, zum Beispiel an den originellen „Blumentöpfen“…
… oder schauen einem Mädchen zu, dass auf dem Platz, wo Kinder einem Ball hinterher rennen, in aller Ruhe ein Steinmännchen errichtet.
Am Fussweg von der Burg zurück ins Dorf reiht sich eine Bude an die andere. Alle verkaufen Souvenirs. Die VerkäuferInnen sind auffordernd, aber nicht zudringlich.
Vor einer modischen Kleiderboutique bleiben wir stehen. Selbst hier hängt im Schaufenster ein Knoblauchzopf, der böse Blicke auf sich ziehen und Geister vertreiben soll. „Sicher ist sicher!“ oder „Nützt’s nichts, so schadet’s nichts!“, scheint sich der Besitzer gesagt zu haben.
Nun verlassen wir den Touristenort Krujë.
Wir nehmen nochmals einen Anlauf und wollen eine weitere Strecke durch die Berge Albaniens fahren.
Das Wetter verschlechtert sich aber zusehends. Jenseits des Kalimash-Tunnels herrscht dicker Nebel und es regnet heftig. Als wir dann noch sehen, dass „unsere“ Strasse eine Baustelle ist, beschliessen wir umzukehren.
Auf dem Rückweg fahren wir in Rubik zur „Kisha se Shëlbuemit“ (Kirche Christi Himmelfahrt) hoch, die von einem Felsen aufs Tal hinunter blickt.
Ausspannen
28. / 29. März 2014
Heute fahren wir nach Lezhë. Unterwegs staunen wir einmal mehr über die vielen Strassenhändler.
Vor einer Kreuzung stehen mehrere Stände, die alle mehr oder weniger dasselbe verkaufen. Die Früchte leuchten fröhlich in den trüben Tag.
In dem gesichtslosen Städchen Lezhë gibt es einen Stellplatz mit Internetanschluss. Hier bleiben wir zwei Tage, um uns etwas zu erholen und Wäsche zu waschen. Die vielen Eindrücke der letzten Tage wollen verarbeitet werden.
Link zur Strecke vom 28. März:
Albanien, wir kommen wieder!
30. März 2015
Leider müssen wir heute Albanien verlassen, da wir in der Schweiz unaufschiebbare Termine haben.
Gerne wären wir noch zwei bis drei Wochen geblieben. Albanien fasziniert uns sehr und wir wollen später nochmals hierher zurückkehren.
Bevor wir die Grenze zu Montenegro überqueren, kaufen wir nochmals Eier. Ein Strassenhändler scheint auf „Geflügel“ spezialisiert zu sein. Er verkauft Eier und Hennen. Auf Wunsch des Kunden werden die Hühner auch vor Ort geschlachtet.
Folgendes Foto scheint uns ein Sinnbild für Albanien:
Das Land kommt aus einer schwierigen Vergangenheit und bemüht sich offensichtlich den Anschluss an die neue Zeit zu schaffen.
Wir hoffen, dass dabei nicht allzu viele Menschen zu Verlierern werden. Dass die Albaner ihre Freundlichkeit bewahren können und dass die sehenswerte Landschaft nicht aus lauter Streben nach Profit zerstört wird.
Einmal mehr ein herzliches Dankeschön von mir für euren vielschichtigen Bericht!
Bitte, sehr gern geschehen. 🙂