Über den Jökulháls
26. Juli 2017
Bereits am frühen Morgen ist der Himmel wolkenlos blau. In Arnarstapi betrachtet sich eine junge Küstenseeschwalbe von allen Seiten in einer Wasserlache.
Auf dem Weg zur Steilküste von Arnarstapi treffen wir zufälligerweise Bekannte, die im Winter 2015/16 ihren Urlaub in Sorsele, Schwedisch-Lappland verbrachten. Angeregt plaudern wir zusammen und tauschen schöne Erinnerungen an den hohen Norden, Erlebnisse mit den Schlittenhunden und Neuigkeiten aus. Sonja, Stefan und Janina, es war nett euch wieder zu sehen!
Hier der Link zu unserem Winter in Schwedisch-Lappland:
Die Küste ist sehr eindrücklich. Wanderwege führen zu zerklüfteten Basaltfelsen, Höhlen und Steintoren.
Ein kleiner See scheint das Badezimmer der Dreizehenmöwen (Rissa tridactyla) zu sein. Wir studieren an ihnen, wie man sich ohne Hände wäscht. Tauchen ist wichtig … und Wasser abschütteln.
Heute scheint der Tag der Tage zu sein. Am Himmel ist keine Wolke zu sehen. Will das isländische Wetter uns entschädigen für die nasskalten Wochen zu Beginn unseres Aufenthalts?
Wie dem auch sei, wir beschliessen ein drittes Mal, diesmal ohne Nebelbegleitung, über den Pass Jökulháls zu fahren.
Zuerst ein Abstecher zur Schlucht von Rauðfedargja, das liegt bei dem stabilen Wetter drin.
Viele Leute pilgern vom Parkplatz zu der schmalen Spalte in der Felswand.
Die Schlucht ist sehr eng und überhaupt nicht ausgebaut. Man kraxelt über Steine und Felsen in einem Bachbett. Bald schon trennt ein kleiner Wasserfall die Spreu vom Weizen und nur wenige wagen sich weiter in den Berg hinein. Von denen kehren die Meisten total durchnässt zurück.
Annette klettert barfuss weiter und kommt relativ trocken zurück – bravo, gut gemacht!
Doch nun geht es zum ersten Mal bei Sonnenschein über den Jökulháls.
Bereits vor dem Pass begeistert uns ein kleiner Bach, der sich seinen Weg durch die Felsen gebahnt hat.
Wir bestaunen all die kleinen Schönheiten neben dem Wasserlauf.
Wir vergnügen uns wie Kinder an dem Rinnsal, lassen Bimssteine den Bach hinunter schwimmen und versuchen vorherzusagen, welchen Weg sie nehmen, über welchen der kleinen Wasserfälle sie weiter unten hinuntergeschwemmt werden.
Die schwimmenden Steine zeigen uns wie die Strömung verläuft, wo es zügig voran geht, aber auch wo es Gegenströmungen gibt.
Spannend ist es auch zu sehen, wie unterschiedlich das Wasser über und um die Steine fliesst.
Ein Stück weiter oben ergründet Annette die Unterwelt. Sie zwängt sich durch ein kleines Loch im Felsen und verschwindet im Boden.
Sie dringt zwar nicht gerade bis zum Magma vor, aber immerhin zum Bach, der hier unterirdisch verläuft.
Beat befürchtet, dass sie sich zwischen den Felsen verkeilt, doch Annette beruhigt ihn: „Spätestens das nächste Hochwasser wird mich wieder herausspülen.“
Wenn man die stabile Schönwetterlage betrachtet, kein grosser Trost.
Aber irgendwie schafft sie es doch wieder aus der Unterwelt aufzutauchen und die Fahrt über den Pass geht weiter.
Die Gegend ist gewaltig. Riesige Geröllfelder und markante Vulkankegel bilden eine wüstenartige Landschaft.
Ein Riese scheint sich den Tindfell als Kopfkissen ausgesucht zu haben.
Die Strasse führt am Gletscher Snæfellsjökull vorbei.
Einige Schneefelder wehren sich bis jetzt erfolgreich gegen den Sommer und hoffen auf einen frühen Wintereinbruch.
Auch der Wind trägt zur Erosion bei und schleift beharrlich an den Felsen.
Flechten und Moose setzen sich an den Steinen fest.
Wir übernachten ein drittes Mal auf dem schönen Platz am Meer bei Bularidshöfði.
Die korpulente Frau, die hier mehrmals täglich ihr kleines Hündchen Gassi führt, begrüsst uns bereits wie alte Bekannte.
Wir sind definitiv in Island angekommen!
Buðir
27. Juli 2017
Heute besuchen wir die Lavafelder und die Küste von Buðir.
Vor der kleinen schwarzen Kapelle flattert die isländische Fahne im Wind. Hier findet der Apéro einer asiatischen Hochzeitsgesellschaft statt.
Danach fahren wir nach Ytritunga. Leider ist dort das Übernachten verboten. Deshalb drehen wir um und bleiben auf dem Parkplatz beim Wasserfall von Bjarnarfoss.
Ringlava-Krater Eldborg
28. Juli 2017
Von Snorrastaðir aus wandern wir zum Ringlava-Krater Eldborg (Feuerburg). Der Weg dahin ist sehr schön angelegt. Auf dem Kraterrand machen uns die heftige Windböen zu schaffen, die uns vom Grat hinunterpusten wollen.
Der Eldborg gilt als ausserordentlich schönes Beispiel für die regelmässige Form eines Schlackenkegel-Vulkans.
Lavasteine haben die unterschiedlichsten Farben und Formen. Hier entdecken wir eine graue Version voller Poren.
Auf der Suche nach einem Übernachtungsplatz finden wir einen hübschen Hot Pot, der wohl ganz neu durch eine Strasse erschlossen wurde. Durch ein grosses Rohr fliesst das heisse Wasser in einen natürlichen See. Die Wassertemperatur im ersten Becken beträgt 47°C. Die Temperatur des Zuflusses können wir leider nicht messen, da die Skala unseres Thermometers lediglich bis 60° C reicht.
Wir lassen uns weichkochen.
Diese Nacht bleiben wir auf dem Parkplatz nebenan.
Von hier aus sieht man zwei Vulkankrater, die sich rot vom Hintergrund abheben.
Link zur Wanderung zum Ringlava-Krater Eldborg: Da auf “google maps” der Weg fehlt, haben wir eine ungefähre Strecke in die Karte gezeichnet.
Landbrotalaug Hot Springs
29. Juli 2017
Am Morgen entdecken wir einen weiteren natürlichen Hot Pot. Dieser ist so einzigartig, dass es sogar unsere Kamera samt dem Stativ umhaut! Oder war es eine Windböe?
Egal, wir geniessen noch vor dem Frühstück das Bad bei 39 °C in diesem intimen Hot Pot mitten in freier Natur.
Ein unglaubliches Erlebnis!
Später fahren wir weiter nach Borgarnes. Die Landschaft unterwegs ist eher langweilig flach, dafür bilden die Wolken am Himmel immer neue Muster.
In Borgarnes verweilen wir nur kurz. Wir wollen das schöne Wetter nutzen, um morgen mit unserem NOBIS ins Hinterland zu fahren.
Borgarnes und sein Landnahme-Zentrum werden wir später besuchen. Aber die markante Skulptur hinter dem Museum ist bereits heute einen Blick wert.
Danach fahren wir etwas zurück auf den Parkplatz einer kleinen Kapelle, den wir im Vorbeifahren entdeckt haben.
Der Blick von unserem Übernachtungsplatz auf Borgarnes und die Berge ist wunderschön.
Puh, ist heute wieder etwas los!
30. Juli 2017
Am Morgen besucht uns die Pfarrerin, die gleich neben der Kapelle wohnt. Sie ist gar nicht begeistert, dass wir hier übernachtet haben. Dies sei ein Parkplatz und sie hätten um 11:00 Uhr eine Messe und erwarteten viele Besucher.
Annette versichert ihr, dass wir gleich aufbrechen werden.
Auf unserer Fahrt zum Hraunfossar entdecken wir etwas zum Schmunzeln und etwas Trauriges.
Wir haben bereits als Kinder gelernt, dass man nicht fluchen darf … doch was sehen wir nun gross auf einen Reisebus geschrieben?
Auf einer Wiese sehen wir dermassen hochgezüchtete Kühe, dass ihre Euter beinahe den Boden berühren.
Milchleistung statt Tierwohl. Auch Landwirte können Tierquäler sein.
Solche Kühe sind bereits nach wenigen Jahren ausgelaugt und werden dann geschlachtet.
Aber das gibt es ja auch bei uns Menschen: Leistung statt menschenwürdige Arbeit. Der Unterschied liegt lediglich darin, dass wir bei einem Burn-out nicht geschlachtet werden.
Oder … noch nicht?
Mit solchen Gedanken fahren wir weiter zum Hraunfossar.
Das Wasser tritt bei den „Lavawasserfällen“ auf einer Länge von etwa einem Kilometer an unzähligen Stellen aus der Uferwand.
Neben diesen vielen Wasserfällen findet man die verschiedensten Lavasteinformationen.
Ebenfalls sehenswert sind die vielen aufgemotzten Allradfahrzeuge, in denen Touristen durch das Hinterland gekarrt werden.
Natürlich müssen so teure Fahrzeuge nach ihrem Ausflug in die Wildnis auch wieder gewaschen werden. Dazu gibt es an jeder Tankstelle eine Waschstation, wo man die Offroader wieder vom Schmutz befreien kann.
Wenn am Ende einer Schotterpiste gerade keine Tankstelle steht, genügt auch eine Waschanlage auf einem Kiesplatz irgendwo im Nirgendwo.
Wir fahren weiter zum Canyon der Geitá, der an der Kaldidalur-Strasse liegt, die wir morgen befahren wollen.
Das graue Wasser brodelt durch den felsigen Canyon und füllt ihn beinahe aus.
Danach geht’s wieder ein paar Kilometer zurück zu unserem Übernachtungsplatz, den Annette zufälligerweise entdeckt hat.
Wir fahren durch jungen Wald bis der Weg vor einem Lavafeld endet.
Hier im Húsafellsskógur schlafen wir ungestört.