Ankunft in Tórshavn
22. Mai 2017
Morgens um 4:00 Uhr kündigt der Kapitän per Lautsprecher die Ankunft in Tórshavn für 5:00 Uhr an.
Die ersten Inseln der Färöer tauchen im Morgenlicht auf, ein begehrtes Sujet für die Fotografen, die sich zu dieser frühen Stunde aus den Bettlaken geschält haben.
Die Fähre legt pünktlich in Tórshavn an, unser Färöer-Abenteuer kann beginnen!
Wir fahren in der Nähe des Hafens auf einen Parkplatz und beraten „quo vadis“ (wohin des Wegs).
Gleich nebenan steht auf einem Hügel ein kleines Häuschen und rechts davon lugen die Schlote der Fähre der Smyril Line, mit der wir angekommen sind, hervor.
Die Inselgruppe der Färöer besteht aus 18 Inseln, 17 davon sind bewohnt. Die Gesamtfläche beträgt 1’399 km². (Zum Vergleich, der Kanton Aargau hat eine Fläche von 1’404 km²).
Die allerersten Siedler waren irische Mönche, die hier um das Jahr 625 die Abgeschiedenheit suchten (und sicherlich auch fanden). Sie brachten Schafe mit.
Die heutige Bevölkerung stammt von Wikingern ab, die die „Schafsinseln“ ab etwa 850 besiedelten. Die Färinger sprechen färöisch, eine Sprache, die sich aus dem Altnorwegischen entwickelte.
Heute leben rund 50’000 Menschen und 100’00 Schafe hier. Die Färöer sind autonom, gehören aber zu Dänemark. Die Hauptstadt ist Tórshavn.
Als erstes fahren wir nach Kirkjubøur und treffen ein schmuckes Dörfchen an. Viele Häuser sind mit Grasdächern versehen.
Das Eisentor zum Kirchengelände ist mit bunten Glasscheiben verziert.
Die schlichte Kirche steht offen. Wir wagen zuerst nur einen Blick durch eine der ausgeschnittenen Verzierungen in der Türe.
Da auf den Färöer-Inseln kaum Bäume stehen, bauen die Stare ihre Nester in Natursteinmauern.
Zur Zeit piepst es gut hörbar aus vielen dieser Mauern und die Altvögel bringen ihrem Nachwuchs beinahe pausenlos Futter.
Nach einem kurzen Spaziergang durch Kirkjubøur kehren wir nach Tórshavn zurück. Inzwischen haben auch die Läden geöffnet und wir kaufen frisches Brot für unser Frühstück ein.
Das Wetter verschlechtert sich. Nebel hat die Sonne verdeckt. Wir fahren nach Fuglafjørður und stellen unser Wohnmobil auf den Stellplatz beim Bootshafen direkt an den Fjord.
Fuglafjørður
23. Mai 2017
Der Himmel ist mit Wolken verhangen und es regnet oft. Deshalb bleiben wir einen weiteren Tag an diesem ruhigen Platz.
Annette teilt dies im Tourismusbüro mit. Die nette Dame macht sie darauf aufmerksam, dass heute Abend in Leirvik ein Chorkonzert in der Kirche stattfinde.
Zudem stehe hier im Dorf ein altes Haus, das schon zweimal umgezogen sei. Da Holz rar und teuer sei, habe der Besitzer es jeweils „mitgenommen“ und nicht neu gebaut.
Annette wird der Schlüssel zu diesem Museums-Haus ausgehändigt und wir sollen ihn heute Nachmittag oder morgen Vormittag wieder zurückbringen.
Wir freuen uns über das Vertrauen, das uns entgegengebracht wird.
Am Nachmittag, als der Regen nachlässt, besuchen wir das alte Haus. Es ist eingerichtet, als würde noch jemand hier wohnen.
Alles ist einfach und funktional gebaut. Die Türschlösser sind aus Buchenholz gefertigt.
Im Keller steht eine Steinmühle. Damit wurde das Korn für den täglichen Gebrauch von Hand gemahlen.
Später spazieren wir zum nahen Bootshafen. Eine Küstenseeschwalbe startet von der markanten Eisenskulptur, die hier steht.
Andere Vögel dagegen sind im Flug erstarrt. Einem der Eisenvögel hat sich gar ein kleiner Wicht an den Schnabel gehängt.
Am Abend wird das Wetter besser und wir fahren nach Leirvik an das Chorkonzert.
Nirgendwo wird auf das Konzert hingewiesen. Man weiss ja wohl, dass hier eine Veranstaltung stattfindet.
Der Chor besteht aus12 Sängern und 13 Sängerinnen.
Annette als ehemalige Hobby-Chorsängerin meint am Schluss: „Das Konzert ist hübsch gemacht mit unterhaltsamen Liedern. Leider geht die Dynamik nur von mf zu f, vereinzelt zu ff. Der Dirigent gibt den Ton sehr unsauber an und holt laut hörbar Luft, bevor er den Einsatz gibt. Der Männer-Frauenanteil ist gut ausgewogen, guter Blickkontakt. Einige Einsätze wirkten sehr unsicher, manchmal auch unreiner Stimmklang.“
Am Anfang und am Schluss singen alle zusammen ein Kirchenlied. Annette bekommt ein Liederbuch von der Dame hinter uns und singt so gut als möglich den färöischen Text mit.
Insgesamt war es ein schöner, stimmiger Abend, der uns einen Einblick in das Vereinsleben auf den Färöern ermöglicht hat.
„Fahrt nicht nach Klaksvik!“
24. Mai 2017
Am Morgen scheint kurz die Sonne und Fuglafjørður zeigt sich in freundlichem Licht.
Ein Mitarbeiter des Kulturhauses, das gleich nebenan steht, lässt uns in den Aufenthaltsraum, der eigentlich geschlossen wäre. Hier haben wir guten Internetempfang.
Als wir ihm erzählen, dass wir nach Klaksvik weiter reisen wollen, meint er augenzwinkernd: „Nein, tut das nicht! Keiner geht nach Klaksvik, ausser er wird dafür bezahlt. Dort ist es hässlich und es gibt nur dumme, ungebildete Fischer, die nie eine Schule besucht haben.“
Später hören wir, dass man sich auf den Färöern viele Witze über die Leute aus Klaksvik erzählt. Sie sind das, was die Ostfriesen für die Deutschen und die Österreicher für die Schweizer.
Trotz der Warnung fahren wir nach Klaksvik und wandern von dort auf den Klakkur.
Leider hängen die Wolken tief, und es beginnt erst zu nieseln und dann zu regnen. Auf dem Gipfel warten wir einige Minuten, aber es zeichnet sich keine Wetterbesserung ab, schade.
Da die Sicht in die Ferne getrübt ist, konzentrieren wir uns auf die nähere Umgebung. Die Färöer werden auch „die Schafsinseln“ genannt. Überall weiden diese Tiere an den Hügeln.
Unten in Klaksvik wärmen wir uns im Café Jaqcson auf. Wir bestellen eine heisse Schokolade. Diese besteht aus einer Tasse heisser Milch mit einem Holzspatel mit einem „Schoggi-Brocken“, der sich langsam auflöst. Darüber viel Schlagsahne, sündhaft lecker! 🙂
Danach fahren wir dem Hvannasund entlang nach Múli. Das Dorf ist nicht mehr bewohnt. Wir drehen wieder um und stellen uns bei einem Picknickplatz neben die kaum befahrene Strasse. Hier bleiben wir über Nacht.
Link zur Wanderung auf den Klakkur: Da auf “google maps” ein Teil des Weges fehlt, haben wir dort eine ungefähre Strecke in die Karte gezeichnet.
Wanderung auf den Villingardalsfjall
25. Mai 2017
Am Morgen begrüsst uns blauer Himmel und wir beschliessen nach Viðareiði zu fahren, um von da auf den Villingardalsfjall, den zweithöchsten Berg der Färöer, zu wandern.
Eine Bekassine landet neben unserem Wohnmobil und macht sich zu Fuss auf den Weg. Es scheint wirklich Wanderwetter zu sein. 😉
Bei der Anfahrt auf Viðareiði sehen wir, dass der Gipfel noch leicht in den Wolken liegt, aber bis wir oben sind, werden die sich wohl verzogen haben.
Der Weg führt am Anfang leicht ansteigend durch eine Heide mit vielen feuchten Stellen. Wir sind froh um unsere guten Schuhe.
Später steigt der Pfad steil an und wir kraxeln in Falllinie durch Geröll und Fels. Der Weg ist aber mit blauen Plastikpfählen gut markiert.
Der Blick auf die Sunde und die umliegenden Berggipfel ist fantastisch.
Ganz zuoberst, auf 841 m.ü.M. trifft Beat nicht etwa auf eine steinerne Skulptur oder eine steinerne Elfe, nein, Annette suchte im Nebel hinter einem Steinhaufen Schutz vor dem Wind.
Ja, leider haben sich die Wolken über dem Gipfel nicht gehoben, sondern gesenkt. Unbeirrt (das tönt positiver als stur, oder?) haben wir jedoch unseren Weg bis nach ganz oben fortgesetzt.
Auf den Marsch über den Grat bis Enniberg, der höchsten Klippe Europas, eventuell sogar der Welt, die 754 Meter beinahe senkrecht ins Meer abfällt, verzichten wir aber bei diesen Wetterbedingungen. Das Leben ist zu schön, um es leichtsinnig aufs Spiel zu setzen.
Stattdessen suchen und finden wir einmal mehr viel Schönes direkt vor unseren Füssen. Die Steine und Felsen sind dekorativ mit Moosen und Flechten überzogen.
Etwas unterhalb des Gipfels verlassen wir die Wolke wieder. 😉
Die Sicht auf Viðareiði und den dahinter liegenden Malinsfjall ist atemberaubend schön.
Kurz vor dem Dorf treffen wir auf eine kleine Schafherde, die von mehreren Leuten den Berg hinauf getrieben wird. Auch ein Border Collie beteiligt sich daran. Seine Einsätze verursachen aber viel Unruhe und sind selten hilfreich.
Zwei neugierige Lämmer, die wir spontan Black and White taufen, gefallen uns besonders gut.
Die Kirche von Viðareiði liegt oberhalb des alten Fischerhafens, der heute nicht mehr genutzt wird.
Nun fahren wir über die Insel Borðoy weiter auf Kunoy, wo wir hinter dem gleichnamigen Dorf am Ende der Strasse einen Platz finden, wo wir uns für die Nacht einrichten.
Link zur Wanderung auf den Villingardalsfjall: Da auf “google maps” ein Teil des Weges fehlt, haben wir dort eine ungefähre Strecke in die Karte gezeichnet.
Drei Jahre auf Achse
26. Mai 2017
Heute vor drei Jahren sind wir zu unserer Reise kreuz und quer durch Europa aufgebrochen. Das möchten wir mit einem traditionellen färöischen Abendessen feiern.
Wir wollen deshalb zurück nach Klaksvik fahren, um im Tourismusbüro nach einem entsprechenden Lokal zu fragen.
Die Strasse von Kunoy führt durch einen der hierzulande typischen einspurigen und unbeleuchteten Tunnels. Von einer Seite her hat man jeweils Vortritt und von der anderen Seite muss man in eine der vielen Ausweichbuchten fahren, wenn ein anderes Fahrzeug entgegen kommt.
Vor Klaksvik liegt im Hafen ein russischer Fischtrawler. Das sieht man nicht alle Tage und ist einen Abstecher wert.
Hochseehäfen, auch noch so kleine, faszinieren uns. Ist es der „Duft der grossen, weiten Welt“, den man da zu riechen glaubt?
Auf alle Fälle rutscht die Kamera jeweils wie selber aus der Hülle in Beats Hand.
Hier ein paar dieser „Schnappschüsse“.
Danach besuchen wir die im alten nordischen Stil gebaute Christianskirkjan in Klaksvik.
Der dänische Architekt Peter Koch erhielt den Auftrag eine Kirche für Klaksvik zu zeichnen.
Das dänische Nationalmuseum stellte das Gemälde „Das heilige Abendmahl“ von Joakim Skovgaard zur Verfügung. Dieses Fresko malte er 1901 für die Domkirche in Viborg (DK). Dort drohte aber die hohe Feuchtigkeit in den Mauern das Kunstwerk zu zerstören. Es wurde auf Leinwand übertragen und ins Museum gebracht.
Der Architekt hat sozusagen die Kirche um dieses Altarbild herum entworfen. Sie wurde 1963 eingeweiht.
Das Gemälde wurde in den letzten Jahren restauriert und erstrahlt nun in neuem Glanz.
Der Taufstein diente bereits vor 4000 Jahren als heidnisches Opferbecken und steht auf einem Fuss aus Basalt. Er ist sicher das älteste Taufbecken Skandinaviens und vielleicht gar der Welt.
Im unteren Stock hängen zehn runde Holzreliefs von 135 cm Durchmesser. Der Künstler Edward Fuglø hat 2013 aus alten Holzstücken Szenen aus dem Leben Jesu gestaltet.
Schade, dass die Fotos nur einen Abklatsch dieser fantastischen Werke zeigen können.
Am Abend feiern wir in Restaurant hjá Elisabeth in Viðareiði unser Jubiläum mit einem traditionellen färöischen Abendessen. Wir bestellen Trottellumme und Lamm und erhalten viel Fleisch, Kartoffeln und wenig Gemüse, das hier kaum wächst.
Die Trottellumme, ein grosser Seevogel, hat sehr dunkles, beinahe schwarzes Fleisch und der Geschmack erinnert stark an Leber.
Nach dem leckeren Mahl wechseln wir die Insel und fahren nochmals auf den lauschigen und ruhigen Übernachtungsplatz vor Múli.
Auf nach Mykines
27. Mai 2017
Um 13:30 Uhr sollen wir uns im Hotel Magenta in Miðvagar einfinden. Eigentlich wollten wir dort, wie seit Monaten abgemacht, bereits vor fünf Tagen mit unserem zweiwöchigen Stage beginnen.
Doch Marita, die Besitzerin war da gerade in Norwegen …
Nun sind wir doch noch willkommen, obwohl es zur Zeit wenig Arbeit gebe, wie sie uns gestern telefonisch mitgeteilt hat.
Wir fahren also nach Miðvagar, das auf der Insel Vágar liegt.
Unterwegs staunen wir über die unzähligen Bäche und Katarakte, die sich die Berge herunterziehen.
Das Setzen der Kartoffeln geht hier anders als wir es gewohnt sind.
In die Grasnarben werden lange Linien gestochen. Jeder zweite Streifen wird danach mit dem Spaten in Stücke getrennt. Nun werden die Kartoffeln auf das unzertrennte Grasband gelegt und mit den danebenliegenden Soden zugedeckt.
Als wir uns neugierig erkundigen, erklärt man uns, dass die Kartoffeln so besser gedeihen, weil durch das Verrotten des Grases etwas Wärme entsteht. Dazu trägt auch die dunkle Oberfläche bei. Bei der Ernte wird die Grassode in ihre ursprüngliche Lage zurückgeklappt. Nach einem oder zwei Jahren Ruhepause wird der Acker erneut für Kartoffeln genutzt.
Kurz vor unserem Ziel fällt uns in Sandavágur die markante Kirche auf, doch wir haben jetzt keine Zeit, sie genauer anzusehen.
Im Hotel Magenta in Miðvagar treffen wir neben der Chefin Marita auch Adelle, eine „Workawayerin“ aus Australien an. Sie ist schon länger hier und will bis Mitte August bleiben.
Wir sollen deshalb auf der Insel Mykines, die für ihren Vogelreichtum bekannt ist, arbeiten. Luddi, der Koch, sei dort und werde uns am Hafen in Empfang nehmen.
Wir freuen uns sehr darüber.
Für wie lange? … Ein bis zwei Tage, oder so, das weiss niemand so genau. Planen scheint nicht die Stärke von Marita zu sein. Wir packen einige Kleider und notwendige Utensilien ein und bald darauf bringt uns Marita nach Sørvágur zur Personenfähre, denn Autos gibt es auf Mykines keine.
Wir fahren an einigen kleineren Inseln und Felsen vorbei, die dekorativ aus dem Meer ragen.
Leider schaukelt das kleine Schiff trotz relativ ruhiger See so stark, dass es kaum möglich ist, ein vernünftiges Foto zu schiessen.
Nun steuern wir auf Mykines zu.
Wir fahren der Insel entlang zum Hafen, der sich im Westen befindet. Nun entdecken wir das kleine Dorf, das oberhalb der Klippen im saftigen Grün liegt. Hier werden wir nun also ein paar Tage verbringen.
Am Hafen werden wir von Luddi abgeholt. Wenigstens das klappt auf Anhieb. 🙂
Färöer at their best. Eure Bilder geben die Stimmung auf den Inseln gut wieder. Krim und ich schwelgen in Erinnerungen.
Das russische Schiff halte ich allerdings aufgrund der Aufbauten für einen Fishtrawler / Fangschiff. Wir haben bei unseren Besuchen auf den Färöern erstaunlich viele russische Trawler in färöischen Häfen und auf Reede gesehen.
Herzliche Grüße und weiterhin gute Reise,
Reinhard
Vielen Dank für den Hinweis. Da haben wir uns als Landratten geoutet. Jedes Schiff, das nicht wie ein Kreuzfahrtchiff aussieht, war für uns Banausen ein Frachter. 🙂
Wir haben wieder etwas dazugelernt und es im Beitrag geändert.
Herzliche Grüsse an euch beide
Beat und Anette