Fussball WM-Qualifikationsspiel Andorra – Schweiz
10. Oktober 2016
Wir fahren in die Stadt Andorra la Vella ein.
In eineinhalb Stunden beginnt das Fussballspiel – das sollte reichen. Doch wo ist die Fussballarena? Kein Wegweiser führt zum Estadi Nacional.
Wir müssen uns zum Stadion durch fragen. Aber wie sollen wir die Andorrianer (oder Andorraner? Oder Andorrer?) ansprechen? Spanisch? Französisch? Englisch?
Annette fragt eine Polizistin nach dem Weg. Französisch geht, Spanisch ist besser!
Kein Problem, meint sie, immer die Strasse runter und dann komme man direkt dahin.
Tönt simpel, aber einfach „die Strasse runter“ geht nicht. Die Hauptstadt Andorras scheint nur aus Einbahnstrassen zu bestehen. Wir fahren mal links, dann wieder rechts …
Plötzlich sehen wir das grelle Leuchten der Flutlichtanlage und haben so eine Richtung.
Kurz vor der Sportstätte fragen wir einen weiteren Polizisten, nach den dazugehörigen Parkplätzen.
Gibt es nicht, man muss irgendwo in der Stadt parken.
Aha!
Wir fahren mit unserem 6 Meter Gefährt durch schmale Einbahnstrassen und suchen verzweifelt einen Parkplatz. Endlich finden wir in einem Wohnquartier eine passende Lücke.
Nun zu Fuss zurück zum Fussballstadion.
Noch schnell Eintrittskarten kaufen, und los geht der Spass.
Aber wo sind die Kassenhäuschen? Wir fragen einen Sicherheitsbeamten, der uns den Weg weist.
Wir wandern und wandern und stehen nach einer Umrundung des Sportgeländes mit seinen Nebengebäuden wieder an der selben Stelle. Ticketschalter haben wir keinen gesehen.
Nochmals fragen wir und wissen nun, dass er beim Eingang der Presse sei. Dort waren wir bereits, aber kein Mensch war anwesend.
Also nochmals los. Und siehe da, kurz vor dem Eingang der Medien, der gross angeschrieben ist, entdecken wir in der Wand ein kleines Fenster, hinter dem eine Frau sitzt. Hier erhalten wir endlich unsere Eintrittskarten. Natürlich ist unser Eingang genau auf der gegenüberliegenden Seite der Sportstätte.
In zehn Minuten beginnt das Spiel.
Wir hasten nochmals um das halbe Stadion und wollen rasch an unsere Plätze. Aber halt. Zuerst müssen unsere Rucksäcke nach verbotenen Feuerwerkskörpern durchsucht werden. Das Einbeinstativ, das Beat zum Fotografieren mitführt, scheint sehr gefährlich zu sein. Der überforderte Kontrolleur murmelt einige Male „problemas, … problemas, …“.
Ein herbeigerufener Polizist nimmt ihm dann die schwere Entscheidung ab und lässt uns mit „seinem Problem“ passieren.
Wir hören bereits die Schweizer Nationalhymne als wir zu unseren Sitzen eilen.
Pünktlicher kann man gar nicht erscheinen! 🙂
Wir geniessen das Länderspiel in diesem provinziellen Stadion, obwohl das Match eher ein „Geknorze“ ist.
Die Schweiz, der haushohe Favorit, gewinnt knapp mit 2:1.
Wir sind trotzdem zufrieden.
Ende gut, alles gut!
Danach fahren wir weiter nach Sant Julià de Lòria, wo Wohnmobile auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums über Nacht stehen dürfen.
Andorra ist ein Bergstaat
11. Oktober 2016
Am Morgen schlafen wir erst mal aus. Nach dem Frühstück wollen wir uns Andorra ansehen.
Kurz bevor wir aufbrechen, fährt ein WoMo hupend auf uns zu. Der Fahrer, ein grosser, hagerer Mann in gepflegter Kleidung ganz in Schwarz, steigt aus und fragt, ob wir wohl eine Brennstoffzelle an Bord hätten. Als wir dies bejahen, strahlt er. Er habe eine gebrauchte Efoy-Zelle in sein WoMo eingebaut bekommen und nun fehle ihm die „Service-Flüssigkeit“. Glücklicherweise können wir ihm damit und mit der Anleitung, was damit zu tun ist, aushelfen. Er lebt seit 30 Jahren hier in Andorra und ist jetzt auf dem Weg nach Belgien
Wil war Rechtsanwalt und vertrat bekannte Musikgruppen wir Pink Floyd, Rolling Stones und auch Nana Mouskouri.
Eine schmale Strasse führt uns steil den Berg hoch.
An einigen Stellen wird dem Berg Landwirtschaftsland abgetrotzt.
An einem Brunnen am Strassenrand füllen wir unsere Frischwasservorräte auf. Dabei entdecken wir diese eigenartige Heuschrecke. Sie hat keine Flügel und ein Fühler ist markant kürzer als der andere. Ist das eine uns unbekannte Art, oder hat sie einen Kampf mit Verlusten knapp überlebt?
Nicht weit davon entfernt hat wohl ein Bauer einen Grasballen verloren. Zwei Kühe geniessen es sichtlich, Futter in rauen Mengen und erst noch auf Mundhöhe fressen zu können.
Danach fahren wir wieder ins Tal hinunter und die andere Seite hinauf.
Das ganze Land Andorra scheint aus einem engen, steilen Bergtal mit Seitentälern zu bestehen. Im Haupttal drängen sich die Häuser und Strassen dicht an dicht in der Talsohle.
Die meisten Häuser Andorras sind aus Natursteinen gebaut oder mit solchen Platten verkleidet und die Dächer mit grauen Materialien gedeckt.
Auf den Pass de la Gallina, führt die letzten Kilometer eine Einbahnstrasse. Sie ist nur 2.50 Meter breit und gegen den steilen Abgrund ungesichert.
Wir staunen als wir lesen, dass hier herauf 2015 das Radrennen der Spanischen Vuelta geführt hat.
Oben steht ein schönes Denkmal, das die Gemeinde Sant Julià de Lòria 2015 aufgestellt hat für Joaquim „Purito“ Rodríguez und seine Verdienste um den Sport und den Staat.
Wegen der Einbahnstrasse können wir einen schönen Übernachtungsplatz, an dem wir vorbeigefahren sind, nicht mehr erreichen. Deshalb beehren wir nochmals den schmucklosen Parkplatz von gestern in Sant Julià de Lòria. Das hat den Vorteil, dass wir dort im Einkaufszentrum die Toilette benutzen und am Morgen ofenfrisches Brot kaufen können.
Andorra la Vella
12. Oktober 2016
In Andorra la Vella informieren wir uns über Wandermöglichkeiten und das Wetter der nächsten Tage. Wanderwege gibt es viele, aber Regen ist angesagt.
Noch ist es trocken und wir schauen uns kurz in der Stadt um.
Wir finden eine Skulptur von Salvador Dalí. Es ist kaum möglich diese zu fotografieren, da sich immer wieder Touristen davor stellen und sich in den unmöglichsten Posen knipsen lassen.
Wir fahren auf den Coll la Botella. Im Winter scheint hier wohl viel los zu sein. Es gibt unzählige Parkplätze, einige Sesselbahnen und Skipisten.
Jetzt sieht man lediglich ein paar MTB-Fahrer.
Auf dem Pass trinken wir gemütlich einen heissen Tee, während es draussen immer garstiger wird: der Nebel zieht hoch, es fängt an zu nieseln und die Temperatur fällt auf 6°C. Deshalb kehren wir zurück nach Arinsal, wo es nach unserem Führer einen Wohnmobilstellplatz geben soll, doch dieser ist mit Parkverbotsschildern für die Nacht verziert worden.
Erst in El Tarter können wir uns an den Rand eines grossen Kiesplatzes stellen.
Regen, Regen, Regen, …
13. Oktober 2016
Heute ist das Wetter stabil: es regnet unaufhörlich und ist kalt.
Wir fahren deshalb die wenigen Kilometer nach Canillo auf den Campingplatz „Casal“.
Beat erstellt die Wegstrecken für unseren Reiseblog und Annette kümmert sich um die Wäsche.
Vom Wetter nichts Neues
14. Oktober 2016
Das Wetter ist immer noch garstig. Doch wir haben eine wirkungsvolle Heizung eingebaut und lassen uns vom übellaunigen Wettergott nicht aus Andorra vertreiben.
Eine kurze Trockenphase nutzen wir um die nahe Kapelle zu besichtigen. Leider ist die Türe verschlossen und wir kehren deshalb kurz darauf zurück. Der zwanzig minütige Ausflug dauerte länger als die regenfreie Zeit und wir treffen nass bei unseren NOBIS ein.
Der Wetterbericht verheisst uns aber für Morgen Sonnenschein.
Wanderung ins Val Madriu
15. Oktober 2016
Als am Morgen um 7:00 Uhr der Wecker klingelt, ist am Himmel keine einzige Wolke mehr zu sehen.
Die Bedingungen sind traumhaft: klare Sicht, blauer Himmel, die Bergspitzen weiss verschneit, herbstbunte Bäume …
Wir fahren nach Engolasters, wo wir nahe beim Startpunkt der Wanderung einen Parkplatz finden. Der Weg wurde mit Steinen ausgelegt und steigt stetig an, immer dem Riu de Perafita-Claror entlang.
Das Gebiet „Madriu-Perafita-Claror“ wurde 2004 als UNESCO Welterbe anerkannt.
Einige Stäublinge schmiegen sich an einen Felsen.
Bei der Cabana de Perafita machen wir Rast und beraten über die weitere Route. Bisher war der Weg klar ausgeschildert, doch hier fehlt ein Wegweiser.
Annette fragt drei Frauen. Diese informieren uns, dass die eigentlich gesuchte Refugi de Perafita noch ein paar hundert Meter weiter liegt.
Wir haben die Hütte gesehen, dachten aber, das sei eine Alphütte, da wir die gefundene „Cabana“ für das „Refugi“ hielten.
Hier gibt es also innerhalb von dreihundert Metern zwei Notunterkünfte für Wanderer, die vom Wetter überrascht werden.
Wir rasten hier, essen und trinken etwas.
Da es in Andorra nur Berge gibt, führt unsere Wanderung zuerst 1200 Höhenmeter hinauf zum Pass und dann wieder gleich viele hinunter.
Nach der kurzen Pause steigen wir weiter auf zum Collada del Maiana. Beat plagen leichte Schmerzen im linken Knie.
Der Abstieg ins Vall Madriu ist im oberen Teil sehr steil und rutschig. Beats Knieschmerzen nehmen zu und er humpelt zu Tal. Unten angekommen führt der Weg gemäss Wegweiser noch ca. 2 ½ Stunden talauswärts. Bei dem jetzigen Tempo brauchen wir dafür gut und gerne das Doppelte.
Wie weiter?
Sein Vorschlag, ihn hier mit einer halben Flasche Wasser und zwei Müesliriegel zurückzulassen und im Frühling wieder zu holen, wird verworfen. Die Gefahr, dass er bis da verhungert ist, scheint zu gross. 😉
Zum Glück haben wir in unserer Wanderapotheke auch Schmerztabletten und nach einigen Minuten Pause und einer zweiten dieser Wunderpillen, hinkt er dann doch noch selber zu unserem NOBIS zurück. Annette, die Soziale, trägt für den Rest der Wanderung seinen Rucksack mit!
– Vielen Dank!!!
– Gerne geschehen, das ist selbstverständlich!
Auf der Rückfahrt öffnet sich uns ein schöner Blick auf Andorra la Vella. Dieses Bild zeigt deutlich, wie sich die Häuser in das schmale, steile Haupttal zwängen.
Wir sind 7 ½ Stunden gewandert und sehr müde. Deshalb suchen wir uns keinen neuen Übernachtungsplatz, sondern fahren zum dritten Mal zum Einkaufszentrum in Sant Julià de Lòria.
Link zur Wanderung über den Pass Collada del Maiana: Da auf „google maps“ ein Teil des Weges fehlt, haben wir dort eine ungefähre Strecke in die Karte gezeichnet.
Wir glaubten, das 2.65 Meter höher sind als 2.50 Meter
16. Oktober 2016
Wir fahren Richtung Coll d’Ordino. Der Weg schlängelt sich oberhalb von Canillo den Berg hoch. In diesem Seitental wurde fleissig gebaut, wie das Bild zeigt.
Plötzlich entdecken wir weit vorne eine menschliche Figur, die vor einer Aussichtsplattform sitzt.
Das wollen wir uns ansehen.
Die Strasse führt nun an einem unbewohnten Bergtal vorbei. Die Hütten lassen vermuten, dass hier im Sommer Kühe weiden.
Ein paar Kehren weiter fahren wir auf den Parkplatz vom Mirador Roc del Quer.
Ein imposantes Kunstwerk ragt hier in den Himmel. Drei hohe Baumstämme stehen in ihrer ganzen Grösse und wurden mit der Motorsäge zurecht geschnitten.
Ein Weg führt daran vorbei und dann sehen wir ihn, den Mirador Roc del Quer. Aber wo ist jetzt die Person, die wir von unten auf einem Balken sitzend gesehen haben?
Ah! Der Weg führt hier links vorbei und weiter hinunter.
Plötzlich sehen wir ihn.
Nackt, wie der argentinische Künstler Miguel Ángel González ihn erschaffen hat, sitzt er auf einem Eisenträger, der die Aussichtsplattform überragt, weit über dem Abgrund.
Ruhig schaut er das Haupttal hinauf zum Pas de la Casa.
Wir staunen, dass diese Figur vor uns den Ausblick nicht etwa stört, sondern sogar bereichert, während wir uns sonst oft ärgern, wenn andere Besucher vor uns stehen und scheinbar nicht zur Seite rücken wollen.
Danach wollen wir auf den Pass Coll d’Ordino.
Kurze Zeit später spannt sich eine Höhenbegrenzung auf 2,5m über die Strasse. Wir meinen beide, diese sei deutlich höher. Sicherheitshalber kehren wir trotzdem um. Unser NOBIS ist 2.65 Meter hoch und wir wollen später nicht in einem Tunnel stecken bleiben und Wenden ist auf der schmalen Strasse schwierig.
Wir fahren deshalb zurück nach Canillo, das Haupttal hinab und versuchen den Pass von der anderen Seite zu knacken.
Doch auch hier bietet sich die selbe Situation. Diesmal wagen wir uns aber unter der Höhenbeschränkung hindurch und fahren unbehindert bis auf den Pass und darüber hinaus bis zur Höhenbegrenzung auf der anderen Seite, wo wir auf dem Parkplatz mit schöner Talsicht bleiben und übernachten.
Mysteriöse Bauten und eine Brücke aus Stein
17. Oktober 2016
Um 8:30 Uhr kommen Bauarbeiter und fangen an den Schutthügel neben dem Picknickplatz weg zu baggern. Schlussendlich stehen drei Lkws bereit. Wir beschliessen unseren Platz zu verlassen und frühstücken auf dem Picknickplatz oberhalb von Ordino.
Danach fahren wir über Arcalis hinaus noch ein ganzes Stück den Berg hoch.
Hier stehen einige winzige Steinhäuser mit kleinen Einfriedungen aus Stein. Alles zu klein um Tiere einzusperren oder als Schutzhütten für Hirten. Wozu mögen diese gedient haben?
Annette fragt holländische und russische Touristen, die mit Bussen angekarrt worden sind, aber keiner weiss etwas Genaueres dazu.
Nichtsdestotrotz fotografieren wir alle diese pittoresken Steinbauten, die in der archaischen Berglandschaft entfernt an mongolische Jurten erinnern.
Am 30. Oktober müssen wir in Lissabon sein, deshalb fahren wir noch heute zurück ins Haupttal und dann über die Grenze nach Spanien.
Die „Pont Romantik“ bei El Serrat veranlasst uns zu einem letzten Fotostopp in Andorra und wir sind froh, dass wir diesen selber bestimmen können und nicht von einem Reisebusfahrer verordnet bekommen. 🙂
Die Brücke finde ich besonders schön. Also wenn ich mal mehr Zeit und Geld habe, werde ich mich sicher durch eure schönen Beiträge inspirieren lassen. lg bilere
Vielen Dank,
Zeit haben ist für uns der grösste Reichtum, den wir bewusst geniessen.
Liebe Grüsse
Beat und Annette